Frieden schaffen mit leichten Waffen

■ Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich auf ihrem Parteitag in Bremen erstmals für eine deutsche Beteiligung an Blauhelmeinsätzen aus. Realo-Antrag für „Kampfeinsätze gegen Völkermord“ erzielt überraschend gutes Ergebnis

Bremen (taz) – Bündnis 90/Die Grünen lehnen Auslandseinsätze der Bundeswehr weiterhin strikt ab. Sie befürworten aber den Einsatz leicht bewaffneter deutscher „ziviler Kontingente“ zur Konfliktschlichtung und Embargoüberwachung im Rahmen von UN oder OSZE. Auf dem Parteitag von Bremen stimmte am Wochenende eine Mehrheit von 268 Delgegierten für den entsprechenden Leitantrag der Parteilinken, den Ludger Volmer ausgearbeitet hatte. Die Forderung des Realo-Flügels um Joschka Fischer, auch Kampfeinsätzen im Falle von Völkermord zuzustimmen, erzielte jedoch immerhin 37 Prozent der Stimmen. Die genauen Kräfteverhältnisse zwischen den außenpolitischen Lagern der Partei bleiben aber vorerst weiter unklar, da sich die Realo-Delegierten an der Schlußabstimmung über den Volmer-Antrag nicht mehr beteiligten.

In der Auseinandersetzung um den Volmer-Antrag änderten die Delegierten etliche Passagen. Volmer selbst zog die Bezeichnung „Blauhelme“ zugunsten von „zivilen Kontingenten“ zurück, um Mißverständnisse auszuschließen und die Abgrenzung gegenüber Kampfeinsätzen deutlich zu machen. Die Grünen befürworten mit dem Volmer-Antrag die Aufstellung einer speziellen deutschen freiwilligen Einheit für friedenbewahrende UN- Missionen. Sie soll nur über leichte Waffen zum Selbstschutz verfügen und sich lediglich „im äußersten Fall“ selbst verteidigen.

Die Delegierten verzichteten darauf, die Bundestagsfraktion in der am Mittwoch anstehenden Abstimmung über eine Beteiligung der Bundeswehr an der militärischen Sicherung des Friedensabkommens von Dayton an die Kette zu legen. Die Fraktion wird lediglich „gebeten“, die Kritik des Parteitages „mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen und den entsprechenden Antrag der Bundesregierung abzulehnen“. Der Beschluß gilt als Aufforderung, innerhalb der in dieser Frage gespaltenen Fraktion eine einheitliche Haltung herzustellen. Einzelne Abgeordnete erklärten aber bereits definitiv, sie wollten auf jeden Fall für die Regierungsvorlage stimmen.

Neben den Anträgen zur Außenpolitik stand in Bremen die Abstimmung über die Einrichtung eines Ausbildungsförderungsfonds Baff auf dem Programm. Dieser soll das bisherige Bafög ablösen. Die Bündnisgrünen fordern, daß StudentInnen zwölf Semester lang rund 1.000 Mark monatlich abrufen können, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Die Geförderten sollen bis zu 25 Jahre lang maximal fünf Prozent ihres Bruttoeinkommens zurückzahlen.

Mit deutlicher Mehrheit sprachen sich die Delegierten gegen jede Verlängerung der Ladenöffnungszeiten aus. Zur Begründung hieß es, durch die von den Bonner Koalitionsparteien geplante Reform werde der Konzentration im Einzelhandel weiter Vorschub geleistet. mon Tagesthema 3