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DuPont wirbt für noch mehr Ozonkiller

■ UN-Konferenz verhandelt in Wien über den Schutz der Stratosphäre

Berlin/Bonn (taz) – Ab heute verhandeln Regierungsvertreter in Wien über die Zukunft der Ozonschicht in der Stratosphäre. Die Treffen ihrer Unterhändler in der letzten Woche lassen Schlimmes befürchten. „Gemeinsam mit Frankreich, Japan, Indien und Kenia zeigen die Vereinigten Staaten bei weitem weniger Interesse am Schutz der Ozonschicht als am Profit ihrer jeweiligen Chemiekonzerne“, schreibt Greenpeace. So schließen viele Beobachter nicht mehr aus, daß die Ausstiegszeitpunkte für ozonzerstörende Substanzen in der österreichischen Hauptstadt nach hinten verschoben werden.

Dabei hofften viele, daß in Wien eine Schließung sämtlicher FCKW-Fabriken (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) bis zum Jahr 2006 festgeschrieben würde. Bisher ist dafür 2010 anvisiert. Wenn sich aber die USA durchsetzen, soll in 15 Jahren erst die letzte FCKW- Fabrik gebaut werden dürfen – die dann noch Jahrzehnte weiterproduzieren könnte. Das wäre ein großer Rückschritt.

Auch bei den teilhalogenierten FCKW (HFCKW), die etwa ein Fünftel so ozonschädigend sind wie FCKW, zeichnet sich ein düsteres Szenario ab. „Kein Ausstieg vor 2030“, verkünden die US-VertreterInnen. Die EU plädiert für 2015 für die Industrienationen. „Dabei gibt es für FCKW und HFCKW Ersatzstoffe“, empört sich Greenpeace-Kampagnenleiter Wolfgang Lohbeck.

Die Entwicklungsländer, die sich zur Gruppe 77 zusammengeschlossen haben, wollen für einen früheren Ausstieg finanzielle Unterstützung von den Industrieländern. Insbesondere die USA planen aber gerade, ihre Zahlungen für den, Anfang der 90erJahre eingerichteten, Unterstützungsfonds herunterzufahren – und das, obwohl die Leiterin der US-Delegation, Eileen Claussen, gestern nachmittag gerade wegen ihres Einsatzes für diesen Fonds mit einer Trophäe geehrt wurde. Damals hatte sie sich gegen Präsident Bush durchgesetzt. Jetzt aber führt sie das große Loch in der heimischen Haushaltskasse als Grund für die Knauserigkeit der US- Amerikaner an. Zum zweiten geht es aber auch um das wirtschaftliche Interesse der heimischen Industrie – insbesondere des Chemiekonzerns DuPont. Dessen Lobbyisten gaben letzte Woche für VertreterInnen von Entwicklungsländern ein großes Diner im Hilton, um sie von HFCKW als geeigneten Ersatzstoff für FCKW zu überzeugen. DuPont ist der Hersteller der meisten Klimakiller weltweit.

In Deutschland ist die FCKW- Produktion offiziell ausgelaufen. Doch insbesondere für Asthmatiker wird der Klimakiller aufgrund einer Ausnahmeregelung noch hergestellt. Vierzig Prozent aller FCKWs werden von ihnen inhaliert und wieder ausgepustet. Dringend sollte deshalb nicht mehr auf Asthmasprays, sondern auf pulverisierte Mittel zurückgegriffen werden, wie sie in Holland oder Skandinavien längst üblich sind, forderte gestern Michaele Hustedt von den Bündnisgrünen.

Insgesamt attestieren die Grünen der Bundesregierung „allenfalls noch Mittelmaß“ bei ihren Bemühungen zur Schutz der Ozonschicht. Die Bundesregierung treibe „den Teufel mit dem Beelzebub aus“. Sie setze beim Umstieg von Ozonkillern auf klimabelastende Ersatzstoffe, die „die mehrtausendfache Klimawirkung von CO2“ besäßen und somit den Treibhauseffekt verstärkten. Annette Jensen/Holger Kulick

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