Pro 7 sauber: Der Strohmann geht

Der Privatsender geht an die Börse, die Besitzer Thomas Kirch und Gerhard Ackermans sollen Genußscheine erhalten. Die AG soll auch Kabel 1 bekommen  ■ Von Michael Rediske

Berlin (taz) – Daß der mittlerweile drittgrößte und profitabelste deutsche Privatsender an die Börse gehen will, hatte Pro-7-Chef Georg Kofler schon im Sommer verraten. Damit wollte er allen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die immer argumentiert hatten, mit ihrem Mehrheitsgesellschafter Thomas Kirch, Sohn von Leo Kirch, gehöre der Sender zur Kirchgruppe, und die überschreite damit die Konzentrationsgrenzen. Gestern hat nun Kofler bekanntgegeben, wie er bei dem Sender reinen Tisch machen will. Nicht per Presseerklärung, sondern mit einem großen Interview in der traditionell kirch-kritischen Süddeutschen Zeitung. Danach wird Thomas Kirch seinen Anteil auf 24,5 Prozent reduzieren, der andere Großgesellschafter Gerhard Ackermans wird seine Anteile ganz aufgeben. Er war ohnehin nie in Erscheinung getreten, besitzt nur ein Büro über einer ehemaligen Dorfkneipe und galt bei allen Kirchgegnern als dessen Strohmann. Beide sollen nicht ausgezahlt, sondern mit (nicht stimmberechtigten) Genußscheinen abgefunden werden, für die jeweils die Hälfte des Jahresgewinns reserviert wird. Koflers eigene drei Prozent dagegen werden an der Börse verkauft.

Insgesamt werden, über ein Konsortium aus BHF-Bank und Bayerischer Hypotheken- und Wechselbank, 75,5 Prozent der Anteile an der Börse plaziert. Etwa 40 Prozent sollen diese bei zwei bis drei institutionellen Anlegern plazieren – Verhandlungen mit der Allianzgruppe sind schon bestätigt worden. Die restlichen 35 Prozent sollen an ein „breites Anlegerpublikum“ verkauft werden. Insgesamt dürften ungefähr 300 Millionen Mark in die Kasse kommen. Damit das auch klappt, wirbt Kofler, künftig Vorstandsvorsitzender, schon mal mit seiner „zweistelligen Umsatzrendite“ (1.Halbjahr 1995: 12 Prozent). 1994 machte die Pro-7-Gruppe einen Jahresüberschuß von 140 Millionen, mehr als der Marktführer RTL. Ihr Rezept: möglichst nur junge Zuschauer bedienen, das honoriert die Werbewirtschaft.

Bisher zweifelten einige Medienkontrolleure, ob eine AG tatsächlich zu mehr Transparenz in den Besitzverhältnissen führt und wiesen auf das Beispiel der Axel Springer AG, bei der es Leo Kirch gelungen war, heimlich immer mehr Aktien aufzukaufen. Kofler will deshalb nur „vinkulierte Namensaktien“ ausgeben, also solche, bei denen das Stimmrecht an den Namen gekoppelt ist und jeder Verkauf vom Vorstand genehmigt werden muß.

Und noch zwei Probleme mit den Medienwächtern will man loswerden: Bisher war Metro-Chef Otto Beisheim mit 45 Prozent an der Pro-7-Tochter Kabel 1 (rund drei Prozent Marktanteil) beteiligt. Der aber ist Leo Kirch in enger Allianz verbunden – künftig auch bei der Vermarktung des digitalen Decoders. Das gäbe wieder eine umstrittene Querverbindung zwischen Pro 7 und der Kirchgruppe, drum wird Beisheim seine Kabel-1-Anteile an Pro 7 verkaufen.

Die Pro-7-AG ihrerseits soll künftig keine Anteile mehr am Quelle-Teleshopping-Kanal H.O.T. halten . Die bekommen – wer wohl? – Thomas Kirch (40 Prozent) und Georg Kofler (10 Prozent). „Kein Fernsehsender“, sagt Kofler stolz, „hat sich aufgrund medienpolitischer Debatten so bewegt wie Pro 7.“