Ein Junge will „der bleiben, der ich immer war“

■ Gegen Deutschland soll Sean Dundee erstmals für Südafrika kicken – und beim maladen Karlsruher SC richten, was Millionen-Einkäufe nicht zustande brachten

Karlsruhe (taz) – Es war Ende der achten Klasse, als Sean Dundee gefragt wurde, welchen Beruf er später einmal ergreifen wolle. „Fußballprofi“ hat der damals 14jährige dem Schuldirektor geantwortet, und dieser ihm daraufhin erklärt, daß das keine besonders gute Wahl sei, auch weil in Südafrika mit bloßer Balltreterei der Lebensunterhalt recht schwer zusammenzutragen sei. Nein, hat Sean Dundee entgegnet, nicht in seiner Heimat wolle er Berufskicker werden, sondern in England oder Deutschland. Recht ungläubig blickte der Direktor da.

Mittlerweile dürfte auch dem Pädagogen aus Durban aufgegangen sein, wie ernst es der junge Mann damals meinte. Schließlich sind die Bundesligatore von Dundee in Südafrika längst Gesprächsstoff, und in Deutschland hat man ihm sogar den Spitznamen „Crocodile-Dundee“ verpaßt.

Dundee (22) mag diesen Namen sogar. Mit dem Filmhelden hat er zumindest das sonnige Gemüt gemein. „Ich versuche immer glücklich zu sein“, sagt er. Was für einen Stürmer nach sieben Toren in nur acht Bundesligaspielen nicht schwer ist, aber beim Karlsruher SC, Dundees Arbeitgeber, derzeit nicht eben leicht fällt. In der badischen Residenz sind haben sie den Südafrikaner zum Hoffnungsträger ernannt. Ein 250.000-Mark- Schnäppchen soll noch richten, was Millionen-Einkäufe nicht zustande brachten. „Der Sean ist ein absoluter Glücksfall. Er ist der, an dem wir uns aufrichten können“, hat sogar Thomas Häßler gesagt.

Aber auch ein positiv denkender Mensch spürt, daß er derzeit einen Spagat zwischen eigenem Wohlbefinden und mannschaftlicher Malaise turnt. „Es wäre ganz schlimm gewesen, wenn wir nicht ins Pokal-Halbfinale gekommen wären“, sagt er über den auch auf ihm lastenden Druck. Dabei wollte Dundee in seiner ersten Bundesligasaison „einfach nur lernen“. So wie bei seinen früheren Stationen als Amateur bei den Stuttgarter Kickers und dem TSF Ditzingen. 24mal traf Dundee für Ditzingen in der Regionalligarunde ins Tor, was schnell die Bundesligaklubs anklopfen ließ.

Absage an Uerdingen, Absage an den VfB Stuttgart, Absage selbst an die Münchner Bayern. „Bei denen sitzt du sowieso nur auf der Tribüne“, hat KSC-Torhüter Claus Reitmaier zum guten Freund aus besseren Kickers-Tagen gesagt und ihn aufgefordert, nach Karlsruhe zu kommen.

Dort haben sie ihn mittlerweile längerfristig an den Verein gebunden. Sobald ein Ausländerplatz bei den Badenern frei wird, soll Vertragsamateur Dundee Profi werden, die Bezüge wurden schon jetzt auf ein entsprechendes Niveau gehoben.

Für Dundee ist dies Bestätigung und Verpflichtung zugleich: „Wenn ich jetzt schlecht spiele, dann sagen die Leute: Kuck an, jetzt wo er viel Geld verdient, kickt er plötzlich Mist zusammen.“ Er spürt, daß derzeit vor allem eines gefragt ist: „Ich muß der bleiben, der ich immer war.“ Was gleichbedeutend ist mit unverbraucht, erfrischend, manchmal schüchtern, immer aber verschmitzt lächelnd.

In Karlsruhe wollen sie dafür sorgen, daß er auf dem Teppich bleibt. „Da paß' ich schon auf, und sein Freund Claus natürlich auch“, sagt Thomas Häßler. Und Dundee zeigt sich gelehrig: Wenn der KSC, wie vorletzte Woche geschehen, nicht zuletzt zweier Dundee-Tore wegen 4:0 gegen die Gladbacher Borussia gewinnt, sagt der, Torsteher Reitmaier sei der wichtigste Mann gewesen: „Ohne ihn hätten wir verloren.“

Ganz bescheiden sind auch seine Zukunftsprognosen. Vier bis fünf Tore will er in dieser Saison noch machen, wichtiger ist natürlich, „daß ich gut spiele und wir ins Pokalfinale kommen“. Seine Qualitäten hat nun auch der südafrikanische Nationaltrainer Clive Barker entdeckt und Dundee für das Freundschaftsspiel gegen Deutschland nominiert. Bei dieser Gelegenheit will der nette junge Mann auch seinem ehemaligen Schuldirektor einen Besuch abstatten. Frank Ketterer