Das Portrait
: Finsterling mit Rute

■ Nikolaus und Knecht Ruprecht

Cops haben eine besonders perfide Methode, um Verdächtige kleinzukriegen. Bei Verhören spielen sie „good guy“ und „bad guy“. Der „good guy“ macht auf väterlich-freundlich, um sich ins Vertrauen des vernommenen Strolchs zu schleichen. Der „bad guy“ droht, schreit, tobt, um ihn einzuschüchtern. Prima Arbeitsteilung, unschlagbares Team. Woher haben die Cops das bloß? Nicht aus der Polizeischule jedenfalls. Sie imitieren einfach ein anderes schlagkräftiges Team: Nikolaus und Knecht Ruprecht.

Nikolaus kennen Sie doch. Das ist der Heilige mit der multifunktionalen Schutzfunktion: Patron der Kinder und der Gefangenen, der Schiffer, Flößer, Kaufleute, Bäcker und Schulmeister. Ein Bischof, berühmt für seine Mildtätigkeit, gestorben am 6.Dezember 343. Sehr bald mußte er ob seines heiligmäßigen Lebens als Vorbild herhalten und wurde zum Sinnbild des Bestrafers und Belohners in einer Person. Bereits im Mittelalter quälten Erzieher ihre SchülerInnen am Nikolaustag mit Zuckerbrot und Peitsche: Die Braven wurden beschenkt, die Bösen verhauen. Ein durchaus wirksames pädagogisches Prinzip, das wir dem feinen St. Nikolaus zu verdanken haben.

Nun sollte der vornehme Bischof die Schmutzarbeit nicht selber machen. Er brauchte ein Alter ego, einen Finsterling mit Strafgewalt an seiner Seite: Knecht Ruprecht. Mit dem Sack auf dem Rücken und der Rute in der Hand trottet der Knecht dem Herrn hinterher, kettenklirrend. Ruprecht gehört ins Reich der Geister und Dämonen. Seine Pseudonyme Hans Muff, Krampus, schwarzer Mann, Pelzbub und Beelzebub sind mittelalterliche Bezeichnungen für den Teufel. Wo Nikolaus milde lächelnd belohnt, verdrischt Knecht Ruprecht die kleinen Strolche oder steckt sie gar in den Sack. „Ich bin der alte, böse Mann“, knurrt er, „der alle Kinder fressen kann.“

Bestimmt würde er das bis heute gern tun. Doch im Zuge der Demokratisierung einerseits und des ganzheitlichen Denkens andererseits wurde ihm ein Strich durch die Rechnung gemacht. Herr und Knecht, gutes und böses Prinzip haben sich inzwischen vereint. Nikolaus wurde sein Bischofsstab, Knecht Ruprecht seine Dämonie genommen. Herausgekommen ist eine Mischgestalt: der Weihnachtsmann. Ein gutmütiger Trottel – aber mit Rute. Und wenn er sein Plansoll erfüllt hat, müßten wir heute eigentlich etwas gefunden haben. All seine milden Gaben in unseren Schuhen. Höchst unhygienisch übrigens. bam