: "Mit Cillers Besuch hat das nichts zu tun"
■ Hessischer Innenminister verbietet zwei kurdische Vereine. Sie sollen die PKK "kontinuierlich" unterstützt haben
Wiesbaden (taz) – Der hessische Innenminister Gerhard Bökel (SPD) hat gestern zwei kurdische Vereine in Frankfurt am Main verboten. Ihnen wird die „kontinuierliche Unterstützung“ der sogenannten Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der sogenannten Nationalen Befreiungsfront Kurdistans (ERNK) vorgeworfen. Beide Organisationen unterliegen in Deutschland einem von Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) am 22. 11. 93 ausgesprochenen Betätigungsverbot. Bei den beiden Vereinen handelt es sich um das Kurdistan Informationszentrum e. V. und den Kultur- und Unterstützungsverein des kurdischen Volkes e. V.
Wie Bökel gestern auf einer Pressekonferenz in Wiesbaden mitteilte, habe sich aufgrund von Ermittlungen in Strafverfahren und durch Erkenntnisse aus öffentlichen Versammlungen ergeben, daß beide Vereine insbesondere die PKK „durchgängig unterstützt“ hätten. So seien vor allem im Kurdistan Informationszentrum von Mitgliedern der PKK Schulungs- und Informationsveranstaltungen durchgeführt und der PKK die Vereinsräume für eigene Veranstaltungen überlassen worden.
Polizei durchsucht Veranstaltungsräume
Weiter seien die Vereine Anlaufstellen für Spendengeldzahlungen an die PKK/ERNK gewesen. Bei den Geldern, so Bökel, habe es sich vielfach um erpreßte „Spenden“ gehandelt. Das Vermögen beider Vereine wurde inzwischen beschlagnahmt. Die Polizei, die am Morgen das Zentrum durchsucht hatte, hat dieses noch nicht wieder freigegeben. Auch die Privatwohnungen der beiden Vereinsvorsitzenden wurden durchsucht.
Den letzten Anstoß für die Verbotsverfügungen gab offenbar eine Feier in den Vereinsräumen des Kurdistan Zentrums zum Jahrestag der Gründung der PKK. Bei dieser Veranstaltung seien drei junge PKK-Aktivisten verabschiedet worden, die in ein Ausbildungslager der PKK gingen. Dabei seien PKK-Fahnen gezeigt und PKK-Parolen skandiert worden. Außerdem sei bei dieser Veranstaltung der Regionalverantwortliche Süd der PKK als Redner aufgetreten. Gegen den Kurden habe da schon der Haftbefehl eines Richters am Bundesgerichtshof wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgelegen.
Der Schlag gegen die beiden Vereine, so Bökel, sei gut vorbereitet gewesen und habe nichts mit dem Besuch der türkischen Ministerpräsidentin in Bonn zu tun. Bökel: „Es gibt keine außenpolitische Erwägungen.“ Allein die Eindeutigkeit und die Vielzahl der Beweismittel hätten ein Vereinsverbot „unausweichlich“ gemacht. Die Polizei in ganz Hessen wurde vom Innenministerium zu „erhöhter Wachsamkeit“ angehalten. Klaus-Peter Klingelschmitt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen