De Gaulles Erben wollen wieder in die Nato

■ Französischer Außenminister kündigt Mitarbeit im Militärausschuß an. Damit will Paris seinen Einfluß auf die Verteigungspolitik vergrößern

Brüssel (taz) – Nach fast 30 Jahren Abwesenheit will Frankreich ein Stück weit in die militärische Struktur der Nato zurückkehren. Pünktlich zur Ernennung des neuen Nato-Generalsekretärs Javier Solana kündigte der französische Außenminister Hervé de Charette gestern auf der Nato- Herbsttagung an, der Verteidigungsminister seines Landes werde künftig wieder an allen Nato-Sitzungen teilnehmen. Auch im Militärausschuß, dem höchsten Entscheidungsgremium der militärischen Vertreter der 16 Nato-Länder, werde Frankreich wieder mitarbeiten. Die französische Armee werde aber vorerst nicht den Nato- Kommandostrukturen unterstellt.

Seit 1966 ist Frankreich nur politisch in der Nato eingebunden, das heißt, der Pariser Außenminister nimmt an den regelmäßigen Tagungen nimmt. Aus allen militärischen Strukturen hat sich Paris im März 1966 unter General Charles de Gaulle zurückgezogen. Die französische Regierung war damals gerade dabei, eine eigene Nuklearstreitmacht aufzubauen und kündigte alle automatisch wirkenden Bündnisverpflichtungen auf. An der Nato störte de Gaulle vor allem die starke Dominanz der USA.

In den letzten Jahren drängte Frankreich auf eine Aufwertung des europäischen Verteidigungsbündnisses WEU zum militärischen Arm der Europäischen Union. Paris hoffte, auf diese Weise wieder eine stärkere Rolle in der Verteidigungspolitik zu spielen und gleichzeitig den Einfluß der USA zurückzudrängen.

Aufgrund des starken Widerstandes einiger Nato-Mitglieder, die sich lieber auf den Schutz der USA verlassen wollen, hat Paris nun offensichtlich umgeschaltet und will die Nato von innen heraus verändern. Wenn die Nato zu Reformen nach den Vorstellungen Frankreichs bereit sei, seien auch weitere Schritte der Integration möglich, sagte de Charette auf die Frage, ob Paris in nächster Zeit auch seine Armee in die Nato- Kommandostrukturen zurückführen wolle. Der neue Generalsekretär der Allianz, der Spanier Javier Solana, der gestern von den Nato- Außenministern einstimmig ernannt wurde und voraussichtlich am 18.Dezember sein Amt antreten wird, begrüßte die französische Initiative. Damit rücke Frankreich auf dieselbe Stufe wie Spanien vor. Spanien ist ebenfalls nicht voll in die militärischen Strukturen der Nato integriert, hat aber im Gegensatz zu Frankreich mehrere Verträge mit der Nato über die Zusammenarbeit der Truppen abgeschlossen.

Nach Ansicht hoher Nato-Beamter erleichtert die französische Annäherung den gemeinsamen Truppeneinsatz im ehemaligen Jugoslawien, könnte aber auch für neue Spannungen im Bündnis sorgen. Alois Berger

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