Ämterhäufung wird zum Politskandal

■ „Lex Landowsky“: Bündnisgrüne und SPD fordern, Gesetzesverstoß durch CDU-Fraktionsvorsitzenden aufzuklären

Der Skandal um die verbotene Ämterhäufung von CDU-Abgeordneten weitet sich aus. Nachdem Heinz-Viktor Simon nicht auf den Vorstandsvorsitz bei der Wohnungsbaugesellschaft Gehag verzichten will, weigert sich nun auch Fraktionschef Klaus Landowsky, aus dem Vorstand der Bankgesellschaft Berlin zurückzutreten. Beide verstoßen damit gegen einen Passus im Landesparteiengesetz, der die Annahme des Mandats untersagt, wenn der Betreffende in einer Geschäftsführung oder einem Vorstand eines Unternehmens sitzt, das mehrheitlich dem Land Berlin gehört.

Nachdem die Bündnisgrünen Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) bereits aufgefordert haben, Landowsky und Simon zu einer Rückgabe ihrer Ämter zu bewegen, protestierte gestern auch die SPD. Fraktionschef Klaus Böger schrieb an Haase, er sei als Präsident „an vorderster Stelle berufen, Schaden von unserem Parlament abzuwenden“. Die Mißachtung geltenden Rechts durch Abgeordnete dürfe nicht stillschweigend geduldet werden.

Haase hat sich zu dem illegalen Treiben bislang nicht geäußert. Auch CDU-Fraktionssprecher Markus Kauffmann wollte sich gestern zu keiner Stellungnahme hinreißen lassen. Simon wiederum hält das Landesparteiengesetz für nicht maßgeblich. Landowsky will offenbar auf ein Gerichtsurteil warten, das Simon mit einer Feststellungsklage zu seinen Gunsten durchsetzen will. Sein anfängliches Versprechen, der Fraktionschef werde sich heute „zu allem äußern“, nahm Kauffmann gestern allerdings wieder zurück. Denn sowohl bei Simon wie bei Landowsky geht es um eine Menge Geld und für Nebengeschäfte nützliches Insiderwissen.

Beobachter vermuten, daß neben den Diäten von jährlich rund 61.000 Mark Simon bei der Gehag 250.000 Mark und Landowsky 600.000 Mark Vorstandsgelder kassieren. Und während bei Simon die Gefahr besteht, daß er als Parlamentarier bei wohnungsbaupolitischen Fragen die Regierung nicht wirkungsvoll kontrolliert, da er gleichzeitig private Interessen als Vorstandvorsitzender einer Wohnungsbaugesellschaft zu wahren hat, verschärft sich der Interessenkonflikt bei Landowsky um ein Vielfaches.

Denn als Fraktionsvorsitzender soll er demnächst einem weiteren Verkauf von einem Viertel der Bewag-Aktien an die Bankgesellschaft zustimmen. Als Vorstandsmitglied hat er wiederum dafür zu sorgen, daß bei dem Milliardengeschäft die Bank ordentlich verdient. Zudem hat Landowsky als Parlamentarier über den Landeshaushalt abzustimmen, mit dem die Milliardenausgaben für den Bau von Sozialwohnungen, Modernisierungen und Instandsetzungen festgeschrieben werden. Diese Fördergelder wiederum verteilt die Investitions-Bank Berlin (IBB) – ein Tochterunternehmen der Bankgesellschaft. 1994 zahlte die IBB 3,4 Milliarden Mark aus. Dirk Wildt