Press-Schlag
: Et hät jotjejange

■ Halbgare Revolte beim 1.FC Köln

Die Unterschiede zwischen Revolte und Revolution, und ihren Wirklichkeitsformen, spielen in einer Stadt wie Köln traditionsgemäß keine Rolle. Die dort herrschende Hegemonialstruktur repräsentiert sich im Rosenmontagszug, in Sätzen wie „Et hät noch immer jotjejange“ (etwa: „Es bleibt alles beim alten“) und den Vereinen der Stadt. Dort vermischen sich kölsche Lebensart, Klüngel und Kohle aufs eindrucksvollste. So auch beim 1. FC Köln, der am Dienstag seine Jahreshauptversammlung abhielt. Sportlich kann es kaum schlechter gehen – Tabellenplatz 17. Und trotz einer Jahresbilanz mit Gewinn in sechsstelliger Höhe, drohen jetzt schon Deckungsdefizite für das kommende Jahr durch die 700prozentige Anhebung der Beiträge für die Berufsgenossenschaft (erwartete Mehraufwendung: zwei Millionen Mark) und wegen der Acht-Millionen- Investition in neue Spieler.

Da wird schon die Frage nach der Verantwortlichkeit gestellt. Es ging unterhaltsam zur Sache. Wenn Präsident Klaus Hartmann beteuerte, er wolle doch nur das Beste für den Verein, schallten ihm „Dann geh doch“- Rufe entgegen. Anträge auf die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wurden gestellt, konnten jedoch wegen nicht mehr einzuhaltender Abgabefristen abgewiesen werden. So blieb den Mitgliedern nur eine Möglichkeit, sich des Präsidiums zu entledigen: durch ein Nichtentlasten des Vorstandes.

Doch das geschah nicht. Zuerst ergriff ein „Vertreter der Sponsoren“ das Mikrofon und teilte der Versammlung mit, die Nichtentlastung könnte zur Folge haben, daß sich Sponsoren zurückziehen. Das Verwaltungsratmitglied Wolfgang Overath stellte sich brav an die Seite seines Präsidenten und teilte mit, daß er den Verlauf der Debatte als unwürdig erlebe: „Das sind Schalker Verhältnisse!“ (Zwischenruf: „Ich hätte gerne Schalker Verhältnisse, gucken Sie doch nur mal auf die Tabelle!“)

Umstürze aber sind mit Fußvolk allein nicht zu machen. Und da sich weder im Vorfeld noch im Laufe des Abends ein Anführer herausstellte, entschied sich die Mehrheit zur Bestätigung der bestehenden Verhältnisse. So dümpelt Käpten Hartmanns Kutter weiterhin perspektivlos im weiten Meer der Sorgen. Mit einem Mitglied weniger. Meine Kündigung ist in der Post. Es ist mal wieder jotjejange. Thomas Lötz