Kein kalter Kaffee

■ betr.: „Aktionstag gegen Gewalt gegen Frauen“ in Berlin am 25. 11. 95, „Gut zu wissen“ (Ladies Almanach), taz vom 23. 11. 95, „Frauen-Demo gegen Gewalt“, taz-Berlin 27. 11. 95

[...] Dieser Tag hätte es Euch wert sein können zu recherchieren, was in anderen Ländern läuft oder die Anti-Gewalt-Frauenprojekte länger zu Wort kommen zu lassen, wenn denn schon alle autonomen Zufluchtsstätten für Frauen sich in einer gemeinsamen Aktion zum § 19 Ausländergesetz äußern. Und jetzt mal ganz ehrlich, könnt Ihr mir spontan sagen, was der besagt, und warum der hierhergehandelte Frauen gleichermaßen wie nachgezogene türkische Ehefrauen betrifft, und was das Gesetz für mißhandelte Frauen bedeutet ...?

Jedenfalls ist unsere Hauptforderung die Abschaffung des § 19 und ein eigenständiges Aufenthaltsrecht für Migrantinnen und Kinder und nicht für „Frauen von deutschen Ehemännern“, wie es bei Euch stand.

[...] Ihr habt am Samstag eine gute Seite zum Thema: „Sexueller Mißbrauch an ausländischen Kindern“ (Seite 5) abgedruckt, dazu hättet Ihr doch sehr gut Verbindungen ziehen können. Es drängen sich mir mehrere Gedanken auf:

1. Es fehlt an der feministischen Lust der genauen Recherche, vor allem Zusammenhänge darzustellen und politisch aufzubereiten.

2. Ihr behandelt das Thema „Gewalt gegen Frauen“ wie kalten Kaffee, was es leider nicht ist.

3. Eine aufwendig vorbereitete und gut gemachte Straßentheateraktion ist nicht so interessant wie eine Aktion, bei der es zumindest zu Auseinandersetzungen mit der Polizei kommt.

Eurer Berichterstattung kommt auch noch andere Bedeutung zu. Ihr werdet von anderen Zeitungen zitiert, wie Ihr selbst in Euren Kampagnen behauptet, und viele Abgeordnete beziehen per „Schnippeldienst“ Informationen zu Stichworten. Das wäre für die weitergehenden Initiativen zum § 19 Ausländergesetz wichtig. [...] Sabine Wagenfeld,

Zufluchtswohnungen für Frauen

(Zuff), Berlin