Killer aus Kairo in Europa?

■ Ägyptische Geheimdienstler sollen aus London Jagd auf Islamisten machen

Berlin (taz) – Die ägyptische Regierung soll etwa 100 Geheimagenten nach London geschickt haben, um von dort aus europaweit Jagd auf islamistische Oppositionelle zu machen. Das berichtete die britische Tageszeitung The Independent in ihrer gestrigen Ausgabe unter Berufung auf eine „vertrauenswürdige Militärquelle in Kairo“. Etwa 40 der Agenten sollen in den den USA ausgebildet worden sein.

Die ägyptischen Geheimdienstler sollen bereits im November in London angekommen sein, um dort eine Zentrale zur Verfolgung von Islamisten in Europa aufzubauen. Die ägyptische Quelle spricht von bewaffneten „Mordkommandos“. Laut Independent ist nicht klar, ob die britischen Behörden von der ägyptischen Regierung über ihre Vorhaben informiert wurden.

Der ägyptische Innenminister Hassan al-Alfi hatte vor wenigen Wochen gedroht, militante Islamisten, die ihren Kampf auf ägyptische Institutionen im Ausland ausdehnen, auch dort zu verfolgen. Im November hatte eine bis dahin unbekannte ägyptische Islamistengruppe namens „Gamaat al-Adala al-Alamiya“ (Gruppe für internationale Gerechtigkeit) in Genf einen ägyptischen Diplomaten erschossen. Der Ermordete hatte offiziell den Rang eines Handelsattachés, angeblich ein Deckmantel für die Verfolgung von ägyptischen Islamisten in Europa.

Laut Independent sollten ursprünglich auch 100 ägyptische Geheimagenten nach Pakistan geschickt werden, um dort Jagd auf Oppositionelle zu machen. Wenige Tage nach dem Anschlag in Genf explodierte jedoch vor der ägyptischen Botschaft in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad eine Autobombe und tötete 18 Menschen. Die Mission wurde daraufhin ausgesetzt.

Ägyptische Islamisten haben die Regierung Husni Mubaraks wiederholt beschuldigt, Oppositionelle im Ausland zu verfolgen. Im September verschwand einer der Chefideologen der ägyptischen „Gamaat al-Islamiya“ (Islamische Gruppen), Talaat Qassim auf dem Weg nach Bosnien in Kroatien. Die „Gamaat al-Islamiya“ behauptet, US-amerikanische Geheimdienstler hätten ihn in Zagreb festgenommen und nach Kairo ausgeliefert, wo er jetzt im Hauptquartier des Geheimdienstes festgehalten werde. taud