Schöffe schnarcht

■ Schlafender Schöffe erzwingt Abbruch des Havemann-Prozesses

Frankfurt/Oder (dpa/taz) – Weil ein Schöffe während der Verhandlung mehrfach geschlafen hat, ist der Havemann-Prozeß gegen sieben ehemalige DDR-Juristen vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) geplatzt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschloß die 3. Strafkammer am Dienstag abend, den Prozeß abzubrechen. Die Anklagevertretung hatte ihren Antrag damit begründet, daß ein Schöffe an mehreren Tagen während der Hauptverhandlung geschlafen habe.

Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von 1986 muß ein schlafender Richter von der Verhandlung ausgeschlossen werden, sonst ist das Urteil später aufzuheben.

Die Staatsanwaltschaft hatte den Schöffen auch wegen Befangenheit abgelehnt. Dem Verteidiger eines Angeklagten soll der Laienrichter gesagt haben, mit welchem Verfahrensausgang er rechne. Das Ablehnungsgesuch gegen den Schöffen sei begründet, teilte das Landgericht mit. Da kein weiterer Ergänzungsschöffe zur Verfügung stehe – der betroffene Schöffe war bereits für eine erkrankte Kollegin eingesprungen – könne der Prozeß nicht fortgesetzt werden. Das Gericht plant, die Hauptverhandlung am 10. Januar neu zu beginnen. Der Prozeß wegen Rechtsbeugung gegen fünf frühere DDR-Richter und zwei DDR-Staatsanwälte ist damit nach 22 Verhandlungstagen gescheitert.

Wie das Landgericht gestern mitteilte, muß nun die Beweisaufnahme vollständig wiederholt werden. Auch müssen alle Zeugen vor das Landgericht neu geladen werden.

Die Juristen müssen sich vor allem wegen zweier Entscheidungen gegen den prominenten DDR-Regimekritiker Robert Havemann verantworten. Havemann ist 1976 nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nur deshalb unter Hausarrest gestellt worden, um ihn als Regimekritiker auszuschalten und von der Öffentlichkeit fernzuhalten. Drei Jahre später war Havemann wegen angeblicher Devisenvergehen zu einer Geldstrafe von 10.000 Mark verurteilt worden. In beiden Fällen soll die Stasi den Prozeßverlauf und das Urteil vorgegeben haben. Die Angeklagten schwiegen zu den Vorwürfen. wg