Berlin im revolutionären Zuckerfieber

■ Weihnachtsmärchen der besonderen Art: Ein Berliner importiert eine halbe Tonne kubanischen Rohrzucker und bietet „limitierte Solidaritätskunstwerke“ an

Keine Lust auf stressige Weihnachtseinkäufe? Auf der Suche nach dem ultimativen Geschenk? Ein Mann mit dem weihnachtlichen Namen Nicolas Pampuch bietet den dezemberlichen Overthrill: kubanischen Zucker.

Ein Schiff wird kommen: Heute rechnet Pampuch mit der Ankunft des Schiffes „Grossermann“ der kubanischen Schiffahrtsgesellschaft „Coral Container Lines“, das die süße Fracht nach Bremen bringen soll. Pampuch, leidenschaftlicher Kubafan und Betreiber eines kleinen Reisebüros in Schöneberg, wollte sich nicht damit abfinden, daß es in Deutschland keinen kubanischen Zucker gibt: „Es ist für mich absolut unverständlich, daß es hier nicht einen Krümel kubanischen Rohrzucker auf dem Markt gibt.“

Daß die Zuckerrohrernte dieses Jahr so schlecht wie noch nie in der Geschichte der Insel war, hielt ihn nicht von seinem revolutionären Vorhaben ab. Auch das klare „No“ der staatlichen Zuckerhandelsgesellschaft „Cubazúcar“, die die mageren 3,3 Tonnen Zucker der diesjährigen Ernte bis auf den letzten Krümel verkauft hatte, entmutigte ihn nicht. Wie ein „Ché“ des Zuckerrohrs kämpfte Pampuch gegen die gnadenlose Hitze und reiste stundenlang in überfüllten Bussen, bis er durch die Hilfe eines kubanischen Freundes, der in einer Zuckerfabrik arbeitet, eine „völlig neue Form eines Joint-ventures“ fand: Pampuch kaufte die halbe Tonne direkt vor Ort im Zuckerwerk. „Etwas völlig Neues in der Geschichte von Cubazúcar.“

Er mußte lediglich Zugeständnisse an die Farbe des Zuckers machen. „Weil es keinen braunen Zucker mehr gab, mußte ich mich mit extraraffiniertem weißen Rohrzucker begnügen.“ Doch nach kubanischem Geschmack sei der weiße eh der bessere, weil der süßere. „Der braune ist Armeleutezucker“, so Nicolas Pampuch.

Frank Krähling von der Feinschmeckerabteilung des KaDeWe bestätigt, daß Pampuchs Ladung, die noch auf hoher See schaukelt, derzeit der einzige kubanische Zucker in der Bundesrepublik sei. Das Kaufhaus habe zwar „generell“ nichts dagegen, neben kubanischen Zigarren und Rum auch Kuba-Zucker zu verkaufen, so Krähling. „Doch es hilft mir nicht, einen Sack Zucker stehen zu haben“, so Krähling. „Richtige Importeure“ seien ihm lieber.

Bis die wertvolle Ladung in Berlin eintrifft, klebt Pampuch Tüten. Mit einigen Freunden zusammen wird er eintausend Portionen à fünfhundert Gramm eintüten. In dem Preis von zwölf Mark pro Paket seien seine Kosten und die für den Erwerb von einer Tonne Sonnenblumenöl enthalten, die Pampuch nach Kuba liefern will. Denn Speiseöl sei in Kuba noch sehr viel schwieriger zu bekommen als Zucker, Bohnen oder Reis.

Bestellungen des „limitierten und numerierten Solidaritäts- und Kunstwerkes“ nimmt der Sugarman der ersten Stunde ab sofort entgegen. Barbara Bollwahn

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