Hotline nach Moskau

■ Die TU München verhandelt mit Rußland über Bombenuran

Berlin (taz) – Die Bundesregierung hat erstmals zugegeben, daß mit Moskau Verhandlungen über die Lieferung von atomwaffentauglichem Uran für den in Garching geplanten Forschungsreaktor München II (FRM II) stattfinden. Bisher hatte Forschungsstaatssekretär Bernd Neumann (CDU) entsprechende Medienberichte und parlamentarische Anfragen stets dementiert. Am Mittwoch schließlich gestand Neumann auf Nachfrage des SPD-Abgeordneten Horst Kubatschka: „Nach den mir inzwischen vorliegenden Informationen kann ich heute nicht mehr ausschließen, daß Verhandlungen auch mit Rußland geführt werden.“

Noch am 11. Oktober hatte Neumann im Bundestag kategorisch bestritten, daß es „Verhandlungen bezüglich der Versorgung von Forschungsreaktoren in Deutschland mit hochangereichertem (waffentauglichem, d. Red.) Uran aus russischen Beständen gibt“. Es bestehe dafür auch „keine Notwendigkeit“. Für den neuen Garchinger Reaktor will das bayerische Umweltministerium zum Jahreswechsel die erste Teilerrichtungsgenehmigung erteilen. Der geplante Einsatz von waffentauglichem Uran unterminiert die seit 1978 andauernden internationalen Bemühungen, Waffenuran aus zivilen Nuklearkreisläufen zu verbannen. Doch die TU München versucht schon lange, über die Euratom-Versorgungsagentur Kontakte nach Moskau zu knüpfen. Im September hatte der Pressesprecher der Garchinger Reaktorgruppe, Gert von Hassel, gegenüber der Süddeutschen Zeitung „Osteuropa“ als potentiellen Brennstofflieferanten genannt. Später war dem Autor des Berichts ein Hörfehler unterstellt worden. Tatsächlich habe von Hassel „aus Europa“ gemeint und gesagt. Brav wiederholte Staatssekretär Neumann diese Version. Nach Informationen der taz ließen Reaktorgruppe und bayerische Staatsregierung den Bonner „Zukunftsminister“ Jürgen Rüttgers (CDU) tatsächlich über die Moskau-Connection im unklaren. Gerd Rosenkranz