Mindestrechte für Menschenrechtler!

■ Menschenrechtsorganisation amnesty international fordert Bonn zu intensiverer Menschenrechtsarbeit auf

Bonn (taz) – Wäre die „Mauer des Schweigens“, die Menschenrechtsverletzungen oft umgibt, nicht so groß, der Nigerianer Ken Saro-Wiwa würde noch leben. Das beklagten am Donnerstag Vertreter von amnesty international (ai) und Menschenrechtsorganisationen aus Pakistan, Kolumbien, Guinea-Bissau, Algerien und Ex-Jugoslawien in Bonn. Alle werden in ihren Ländern bei ihrer Arbeit behindert und bedroht. So hat Nafisa Hooddboy, Journalistin und Mitglied der pakistanischen Menschenrechtskommission, zwei Mordanschläge überlebt, der Vorgänger von Boudjema Ghechir, Präsident der algerischen Menschenrechtsliga, wurde ermordet, und die kolumbianische Dominikanerschwester Nohemy Palencia fürchtet nach zahlreichen Drohungen um ihr Leben. Dringend sollte „die Bundesregierung den Dialog mit uns intensivieren“, bitten die Menschenrechtler. Deutsche Diplomaten seien laut Gesetz zum Schutz von Verfolgten verpflichtet, müßten also engagiert recherchieren und protestieren, aber Alltag sei das noch nicht, beklagt Volkmar Deile von amnesty international. Seit 10 Jahren biete eine Kommission der UNO ein „unwürdiges Gezerre“ um eine UN- Deklaration zum Schutz von Menschenrechtsaktivisten. Doch die scheitere immer wieder an Ländern wie China, Syrien, Mexiko oder Kuba, die eher fordern, „den Staat vor Menschenrechtlern zu schützen“. Deutsche Mitarbeit in diesem Gremium sei „nicht sichtbar“. Die Bundesrepublik müsse aber dringend Partner suchen, um solche „Mindestrechte für Menschenrechtler“ durchzusetzen. Dazu gehöre auch das garantierte Recht, „nicht nur für sich, sondern auch für andere eintreten zu können, auch grenzüberschreitend. Die Verteidigung von Menschenrechten dürfe nicht als Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten ausgelegt werden. Doch nicht nur die Solidarität von Regierungen, sondern auch die von Bürgern sei Mangelware. Die Menschenrechtsorganisation von Guinea-Bissau arbeite unter widrigsten Umständen und hätte allein 4000 Mitglieder, mehr pro Kopf der Bevölkerung als in jedem anderen Staat. „In dieser Hinsicht sind selbst wir noch Entwicklungsland“, beklagte der Generalsekretär der deutschen Sektion von ai. Holger Kulick