Das Portrait
: Journalistin im Knast

■ Christine Anyanwu

Journalismus studierte sie in den USA. Ihren Beruf übte sie in ihrem Heimatland Nigeria aus. Preise wurden ihr rund um den Globus verliehen. Christine Anyanwu erhielt den Preis des Verbandes der nigerianischen Journalistinnen (NNAWJ), den Garnet-Preis der Ford-Stiftung, die NAWOJ-Auszeichnung für hervorragende Leistungen und im Juni 1995 gemeinsam mit der chinesischen Journalistin Gao Yu und einer algerischen Kollegin den „Preis des Mutes“ der internationalen Stiftung für Frauenmedien (USA).

Gestern wurde ihr der mit 50.000 französischen Franc dotierte Menschenrechtspreis von „Reporter ohne Grenzen“ in Paris verliehen. Wole Soyinka, der Literaturnobelpreisträger aus Nigeria, nahm den Preis in ihrem Namen entgegen, denn die Preisträgerin sitzt zur Zeit im Gefängnis.

Verhaftet wurde die Herausgeberin und Chefredakteurin der Zeitschrift The Ausgezeichnet von den „Reportern ohne Grenzen“: Christine AnyanwuFoto: taz-Archiv

Sunday Magazin im März 1995, nachdem sie einen Artikel der Redakteurin Comfort Obi abdruckte, in dem eine Namensliste von 19 Personen veröffentlicht wurde, die als mutmaßliche „Verschwörer“ im Zusammenhang mit einem angeblichen Putschversuch verhaftet wurden. Die Anklage beschuldigte Christine Anyanwu, falsche Informationen verbreitet zu haben, um „Angst und Panik hervorzurufen“ und die „öffentliche Ordnung zu stören“. Die Autorin des Buches „Die Gesetzesmacher“ wurde von einem Sondermilitärgericht Anfang Juli zu lebenslanger Haft verurteilt. Am 10. Oktober wurde ihre Strafe in 15 Jahre Gefängnis umgewandelt.

Die nigerianische Journalistengewerkschaft (NUJ) verbreitet Plakate mit der Aufschrift „Journalisten planen keine Staatsstreiche, sie berichten nur darüber“. Neben der 45jährigen Chris Anyanwu sind Fotos von drei weiteren Journalisten auf dem Plakat abgebildet. Sie wurden mit derselben Begründung verhaftet und verurteilt.

Die internationale Jury von „Reporter ohne Grenzen“, darunter aus Deutschland Sabine Christiansen (Tagesthemen), Manfred Bissinger (Die Woche) und Sabine Rollberg (arte), die jedes Jahr JournalistInnen, die in besonderer Weise für die Pressefreiheit eintreten, ehrt, will mit der Preisvergabe an eine Kollegin aus Nigeria auch ein Zeichen setzen. Denn in vielen Fällen kann die Steigerung des Bekanntheitsgrades eine Hilfe sein. Heidi Schirrmacher