Bundestag undurchsichtig

■ Bundestagsabgeordnete genehmigen sich Diätenerhöhung. Ein Antrag auf Offenlegung der Nebeneinkünfte scheitert

Bonn (taz) – Die Bundestagsabgeordneten leiden sichtlich unter ihrem schlechten Image. Vorgestern mußten sich etliche Parlamentarier am „Heißen Draht“ drei Stunden lang den Unmut des Volkes über die Diätenerhöhung tapfer anhören. Gestern stimmte eine große Mehrheit im Parlament für eine Aufstockung der eigenen Bezüge um rund 25 Prozent innerhalb von zwei Jahren. Die Offenlegung der Nebeneinkünfte lehnte der Bundestag ab.

In der Schlußdebatte zum Abgeordnetengesetz wurde deutlich, daß die Vorwürfe der vergangenen Wochen die Adressaten zum Nachdenken gezwungen haben und viele auch schmerzen. „Wir können noch so viele PR-Maßnahmen finanzieren, in erster Linie werden wir an unserer eigenen Aufführung gemessen“, sagte Bundestagsvizepräsident Hans Klein (CSU). Andreas Schmidt (CDU) erklärte, mit der Vorlage werde eine „angemessene Entschädigung“ erreicht. Von „Abkassieren“ könne keine Rede sein.

Die Vorlage von CDU/CSU und SPD sieht nun vor, daß die Abgeordnetenbezüge von zur Zeit 10.366 Mark bis zum 1. Januar 1998 auf 12.875 Mark steigen. Das ist langsamer, als es im Herbst ein Entwurf der großen Parteien vorgesehen hatte, der die Bezüge direkt an die von Bundesrichtern koppeln wollte. Der Plan scheiterte aber damals, weil im Zusammenhang mit der SPD-Führungskrise mehrere SPD-Länder im Bundesrat der dafür notwendigen Grundgesetzänderung ihre Zustimmung verweigerten.

Ein Antrag der SPD zur Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten scheiterte gestern mit dem achtbaren Ergebnis von 286 Stimmen. „Für die Zukunft und das Ansehen der Demokratie in Deutschland wird diese Abstimmung wichtiger sein als die über die Höhe der Diäten“, hatte Norbert Gansel vergeblich um den von ihm und Peter Conradi initiierten SPD-Entwurf geworben. Er wolle nicht den „gläsernen Abgeordneten“ mit der Pflicht zur Offenlegung der Steuererklärung. Die Parlamentarier seien aber Rechenschaft über Nebeneinkünfte schuldig, um Interessenkollision mit ihrem Mandat auszuschließen. Die Grünen verlangten, sich bei der Diätenerhöhung an der Steigerung der durchschittlichen Arbeitnehmereinkommen zu orientieren. Die Entschädigung dürfe auch nicht zu niedrig ausfallen, damit das Abgeordnetenamt allen Schichten der Bevölkerung offenstehe, sagte Gerald Häfner. Das Verfahren, Richtergehälter als Vergleichsgröße heranzuziehen, nannte er „völlig verfehlt“.

Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Grüne) enthielt sich bei den Abstimmungen. Sie habe im Herbst die Grundgesetzänderung, aber nicht die Höhe der Steigerung befürwortet, sagte sie. Vollmer forderte, die Einnahmen von Abgeordneten und die der Parteien deutlicher zu trennen. Hans Monath