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Die Autofront bröckelt nicht

In Bremen geht das Projekt „Autofrei wohnen“ mangels Interessenten ein. „Ohne Auto zur Arbeit“ wollen Bremer auch nicht kommen  ■ Aus Bremen Dirk Asendorpf

Autofrei wohnen“ und „Ohne Auto zur Arbeit“ – mit viel Aufwand sind diese zwei Projekte in Bremen in den vergangenen Monaten gestartet worden. Inzwischen entwickelten sie sich zum Flop. Groß waren in beiden Fällen die Hoffnungen, mit verlockenden Angeboten AutofahrerInnen zum endgültigen Verzicht auf ihr umweltschädliches Gefährt zu bewegen. Doch verschwindend klein war am Ende das ernsthafte Interesse, sich zu beteiligen.

Zu internationaler Berühmtheit war das Bremer Modellvorhaben gelangt, Häuser und Wohnungen in einem Neubaugebiet ausschließlich an Menschen zu verkaufen, die sich vertraglich zum Verzicht auf ein eigenes Auto bereit erklären. „290 Familien wollen ohne Auto wohnen“, verkündeten vor drei Jahren nach einer ersten Umfrage euphorisch das Wohnungsbauunternehmen Gewoba und die Bremer Baubehörde. 150 Wohnungen und 70 Einfamilienhäuser wurden unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit geplant.

Vorsichtig wollte die Gewoba nun zunächst mit dem Bau von 27 Wohnungen und 22 Häusern beginnen. Doch zur Vertragsunterzeichnung fanden sich von den ursprünglichen InteressentInnen nur noch ganze vier bereit. „Die erhoffte Marktlücke war keine“, muß nun Gewoba-Chef Werner Teetz feststellen. Bis Anfang nächsten Jahres soll noch einmal für das autofreie Wohnen geworben werden. Fallen bis dahin nicht doch noch deutlich mehr KäuferInnen vom Himmel, wird das Projekt abgeblasen.

Der Bremer Hochschullehrer Thomas Krämer-Badoni, der das Projekt „Autofreies Wohnen“ mit angestoßen und wissenschaftlich begleitet hat, sieht mehrere Gründe für das sich abzeichnende Scheitern. Der Planungsprozeß habe für die ursprünglich Interessierten zu lange gedauert. Mit rund 400.000 Mark sei der Kaufpreis für die Häuser angesichts der schönen Stadtrandlage zwar angemessen, für viele InteressentInnen dennoch zu hoch. Ein höheres Angebot an autofreien Miet- statt Eigentumswohnungen hätte womöglich größeren Erfolg gehabt.

„Und dann gibt es noch ein Problem, mit dem ich selber nicht gerechnet hatte“, sagt Krämer-Badoni. Im Unterschied zu den USA sei das Verhältnis zum Wohneigentum in Deutschland „sehr unflexibel“, ein Hauskauf zumeist eine „Entscheidung fürs Leben“. Wenn dann aber gleichzeitig der Verzicht auf ein eigenes Auto im Grundbuch unveränderlich festgeschrieben werden soll, fehlte vielen InteressentInnen am Ende der Mut zum Kauf. Denn noch ist völlig unklar, wie sich eine solche Beschränkung auf den Preis auswirken würde, wenn ein Haus mal wieder verkauft werden soll.

Als schwerer Fehlschlag hat sich auch das zweite Bremer Projekt zur Bekämpfung des Autoverkehrs entwickelt. Noch nie war europaweit mit soviel Aufwand für das Umsteigen vom Auto auf ökologisch sinnvollere Transportmittel geworben worden wie in den letzten Monaten bei Kraft Jakobs Suchard in Bremen.

Mit einem vor allem von der Europäischen Union zur Verfügung gestellten Etat von 600.000 Mark wurden alle 2.200 MitarbeiterInnen des Bremer Kaffee- und Schokolade-Konzerns seit September intensiv zur Teilnahme an dem Programm „Move“ (Mobilitätsverbund – Service für Arbeitnehmerverkehr) aufgefordert. Doch ganze zwei Fahrgemeinschaften konnten bisher vermittelt werden, und nicht mehr als 17 „Move- Cards“ wurden ausgegeben.

Der Flop ist umso unverständlicher, als die „Move-Card“ keinen Pfennig kostet, gleichzeitig aber allerhand Vorteile bietet. Sie berechtigt nämlich zur kostenlosen Nutzung des ÖPNV, falls ein Teilnehmer einer Fahrgemeinschaft aus persönlichen Gründen oder nach Überstunden seine Heimfahrgelegenheit verpaßt.

Bietet der ÖPNV keine akzeptable Verbindung, darf sogar ein Taxi bis zum Wert von 50 Mark benutzt werden. Mitglieder des Car- Sharing-Vereins „Stattauto“ haben auch die Möglichkeit, sich statt dessen ein Mietauto des Vereins für 24 Stunden zu nehmen und damit bis zu 150 Kilometer weit zu fahren.

Ausführliche Informationen hatten alle MitarbeiterInnen der drei Bremer Kraft-Jakobs-Suchard-Standorte im September zusammen mit ihrer Lohnabrechnung nach Hause bekommen. Gleichzeitig wurde auch um das Ausfüllen eines Fragebogens zu den Fahrgewohnheiten auf dem Weg zum Arbeitsplatz gebeten. Nur knapp 100 dieser Bogen kamen überhaupt zurück.

„Uns war von Anfang an klar, daß das eine zähe Geschichte würde“, meint der Umweltbeauftragte von Kraft Jacobs Suchard, Heiko Richert. Noch immer sei das Auto ein „wichtiges Statussymbol, über das am Arbeitsplatz gesprochen wird“. Und kostenlose Parkplätze stehen an allen drei Unternehmens- Standorten ausreichend zur Verfügung. Richert: „Das wird hier im Haus als sozialer Besitzstand gesehen.“

Seine Schlußfolgerung aus dem gescheiterten Versuch: „Es geht wohl doch nur mit Zuckerbrot und Peitsche.“

Ein erster Schritt zu Sanktionen gegen Autofahrer war im Februar der Abschluß einer Betriebsvereinbarung, nach der nur noch Beschäftigte Anspruch auf einen kostenlosen Parkplatz auf dem Firmengelände haben, die über sechs Kilometer von ihrem Arbeitsplatz entfernt wohnen. Selbst dieser minimalen Einschränkung mochte der Betriebsrat allerdings nur nach zähen Verhandlungen zustimmen.

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