„Der 12. 12. 1980 war ein Glücksdatum“

■ Der Ermittlungsausschuß im Mehringhof feiert heute sein 15jähriges Bestehen

Der 38jährige Roger W. gehört zu der Gründergeneration des Ermittlungsausschusses, der im Zuge der Ereignisse um den 12. Dezember 1980 ins Leben gerufen wurde.

taz: Roger, was fällt dir bei dem Datum 12. 12. 1980 ein?

Roger W.: Zunächst einmal konnte ich damals noch unbefangen in die Disco gehen, die Musik war einfach noch erträglich. Nein im Ernst, ich denke die Deutschen haben ein etwas widersprüchliches Verhältnis zu Daten. Meist sind es Unglücksdaten wie der 9. 11. oder der 2. 6. Der 12. 12. war eher ein Glücksdatum, weil die Berliner Polizei mit ihrer eher unbeholfenenen Aktion am Fraenkelufer eine sehr, sehr spannende und breite Bewegung losgetreten hat.

In jener legendären Nacht der großen Straßenschlacht in Kreuzberg und den folgenden Hausbesetzungen wurde der Ermittlungsausschuß (EA) gegründet. Gibt es ihn tatsächlich immer noch?

Es gibt ihn immer noch im Mehringhof unter der alten Telefonnummer 6922222, und er hat immer noch gut zu tun. Es ist ja nicht so, daß nichts mehr passiert. Die Bullen haben zum Beispiel im Anschluß an eine Demonstration vor zwei Wochen in Ostberlin einige Leute ganz übel vermöbelt. Die Leute kommen dann natürlich zu uns und wollen Hilfe. So läppert das vor sich hin.

Machen im Ausschuß noch mehr solche Fossile wie du mit?

Ich bin so etwas wie der Überrest. Im wesentlichen sind es neue, jüngere Leute. 15 Jahre sind ja eine lange Zeit. Heute müssen das Leute machen, die zu den Jugendlichen einen guten Kontakt haben.

Hat sich die Arbeit des Ermittlungsausschusses durch die Wende verändert?

Eigentlich nur dadurch, daß das Gebiet größer geworden ist. Mittlerweile haben wir ganz Berlin und das Umland als Betreuungsfeld. Politisch oder juristisch hat sich das aber nicht niedergeschlagen. Der EA ist wie früher vor, während und nach Demos erreichbar, vermittelt Anwälte oder juristischen Beistand und hilft bei der Prozeßvorbereitung. Allerdings können wir zur Zeit nur Prozesse von Leuten finanzieren, die vom Knast bedroht sind. Die Spendenbereitschaft hat schon sehr nachgelassen.

Interview: Plutonia Plarre

Konto-Nummer des EA: Sonderkonto Klaus Schmidt 20610106, BLZ 10010010 Postscheckamt Berlin