Streit um Millionengeschenk

■ Bauunternehmer Ignaz Walter will Augsburg eine Tiefgarage spenden – und muß Unterschriften für sein Geschenk sammeln

Augsburg (taz) – Was macht eine Stadt, die von einem Bauunternehmer eine riesige Tiefgarage geschenkt bekommen soll? Sie streitet sich jahrelang darüber, ob sie dieses Geschenk nun will oder nicht. Was auf den ersten Blick kurios anmuten mag, hat seinen guten Grund. Denn die Tiefgarage, um die es geht, soll mitten im Herzen Augsburgs entstehen – in der Stadt, die sowieso schon ganz erhebliche Probleme mit ihrer stark verschmutzten Luft hat.

Immer wieder war die drittgrößte bayerische Stadt in die Schlagzeilen geraten – wegen hoher Konzentrationen an Kohlenmonoxid, Staub, Dieselruß und Stickstoffoxiden. 1991 war Augsburg gar trauriger Spitzenreiter unter allen deutschen Städten, als die Luftbelastung gemessen wurde. Für SPD und Grüne steht daher fest: nicht noch mehr Verkehr in die Fuggerstadt. Und deshalb sind vor allem die Sozialdemokraten auch so vehement dagegen, das scheinbar großzügige Geschenk von Deutschlands zweitgrößtem Bauunternehmer Ignaz Walter anzunehmen.

Walter will nämlich um jeden Preis seine Stadt mit der „Walter- Garage“ beglücken. 1.200 Stellplätze mitten in der Stadt unter einer breiten Straße: Für den Einzelhandel und die örtliche CSU ein Glücksfall, auch wenn die Stadt auf der Kleinigkeit von 20 Millionen Nebenkosten sitzenbleibt. Nun wäre Ignaz Walter nicht der bekannt durchsetzungsstarke Unternehmer, verstünde er nicht, alle Register für seine Sache zu ziehen. Kaum war im Freistaat Bayern das von der CSU so hart bekämpfte Instrumentarium des Bürgerentscheids durchgeboxt, machte es sich der Bauunternehmer für die Sache mit dem Garagen-Geschenk zu eigen. In den Einzelhandelsgeschäften liegen Pro-Garagen-Unterschriftenlisten aus, in der Fußgängerzone sind bezahlte UnterschriftensammlerInnen on tour, und sogar das Stadtoberhaupt von Augsburg, Peter Menacher von der CSU, sammelte im Familienkreis. Der bayerische Justizstaatssekretär Bernd Kränzle verfaßte gar einen Brandbrief zur Mobilisierung der eigenen Klientel.

Doch auch die Garagengegner schlafen nicht. Wie die Befürworter haben sie inzwischen ebenfalls die für einen Bürgerentscheid erforderlichen 10.000 Unterschriften im Rathaus abgegeben, und so wird es Anfang kommenden Jahres in Augsburg zwei Bürgerentscheide geben – einen pro und einen contra Walter-Geschenk-Garage. Für die Garagen-Gegner von der SPD kein ganz ungefährliches Unterfangen. Denn im Kommunalwahlkampf 1990 hatte das Thema Walter-Garage eine große Rolle gespielt und der SPD Stimmenverluste beschert. Nach einem neuen Verkehrsgutachten wäre die Tiefgarage nur dann sinnvoll, wenn oberirdische Stellplätze wegfielen. Klaus Wittmann