Nachgefragt
: „Schlurig nachgeguckt“

■ Wulf Herzogenrath, Kunsthallenchef, zu Forderungen des Rechnungshofes

Eine seltsame Art von „Kunstraub“ warf die Kulturbehörde im Juli '94 dem Bremer Kunstverein vor. 19 Gemälde, die die Stadt dem Verein nur als Dauerleihgabe überlassen hatte, seien seit den 50er Jahren unrechtmäßig verkauft worden. Unter anderem, um den Anbau der Kunsthalle 1980 mitzubezahlen. „Millionenschäden“ seien der Stadt entstanden. Damals konterte der Kunstverein: alles aufgebauscht, um den privaten Verein unter Druck zu setzen. Jetzt rechnete der Landesrechnungshof nach, auf Heller und 15 Pfennig: 156.583,15 DM seien als Erlös aus den Verkäufen verbucht worden. Folge: Es soll ein „Schadensausgleich“ an die Stadt erfolgen.

taz: Herr Herzogenrath, wie soll denn der „Schadensausgleich“ aussehen? Gehen Sie demnächst durch Ihre Magazine und suchen Bilder für die Stadt aus?

Herzogenrath: Ja; diese Uraltgeschichte war auch überhaupt nicht strittig zwischen Kunstverein und Stadt, jedenfalls von unserer Seite. Eine Geschichte, die allerdings vom damaligen Kulturstaatsrat Schwander als Instrument für die Kündigung unseres Vertrags benutzt werden sollte. Wenn Sie mal hochrechnen: 19 Werke auf diese Summe verteilt, da ist doch klar, daß es sich eher um läppische Dinge handelte. Wir haben aber immer zugegeben, daß wir da zu schlurig nachgeguckt haben. Wir werden voraussichtlich im Januar ein oder mehrere Werke übertragen und wohl auch die Summe in der Relation sogar etwas höher ansetzen, damit das Thema erledigt ist.

Was heißt denn ganz konkret: Wir werden der Stadt ein Werk übertragen? Das bedeutet doch: Es bleibt, wo es ist?

Es ist ein Eintrag in unserem Inventar.

Und die Kunsthalle hat weiter, wie es offiziell heißt, das Recht des „Nießbrauchs“?

Genau. Aber wir müssen bei der Auswahl genau gucken. Wir wollen ja nicht ein Werk, daß uns Herr Meyer geschenkt hat, der Stadt übereignen. Dann werden Herr Meyer und seine Erben sauer. Aber es bleibt physisch natürlich am gleichen Ort. Deshalb ist ja die ganze Geschichte im Grunde so unsinnig. Denn was die Stadt gekauft hat, ist sowieso immer unsers, weil es hier hängenbleibt oder im Depot bleibt.

Wieso müssen Sie denn überhaupt einen Schaden ausgleichen? Die Stadt wußte doch über alle Verkäufe bestens Bescheid, weil die Kulturbehörde immer automatisch im Vorstand des Kunstvereins vertreten ist.

Es sitzen sogar fünf städtische Vertreter mit im Vorstand. Zwei aus der Verwaltung, drei aus dem Parlament. Was für uns und für die Stadt aber zu einem Problem werden könnte, ist die zweite Forderung des Rechnungshofes: die exakte Inventarisierung unserer Druckgrafiken. Um zu überprüfen: Ist dieses Blatt mit städtischen Mitteln oder später von uns gekauft worden? Das würde für eine Person drei bis vier Jahre Arbeit in Anspruch nehmen.

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