Flughafenfinanzierung kommt in Fahrt

■ Die Senatskanzlei und Finanzverwaltung begrüßen das Angebot einer privaten Gesellschaft, Anteile der Flughafen-Holding zu kaufen. SPD und ÖTV sind weiterhin gegen einen Großflughafen Schönefeld

Nicht nur die Bonner Industrie- Verwaltungs AG (IVG) will sich bei den Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld einkaufen. „Der Flughafen-Holding liegen inzwischen mehrere ernstzunehmende Angebote für Beteiligungen und auch für die private Finanzierung eines Großflughafens vor“, hieß es gestern in Gesellschafterkreisen. Die Anteile der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) halten Berlin sowie Brandenburg mit jeweils 37 und der Bund mit 26 Prozent. Das jetzt bekanntgewordene Angebot der IVG werde „sehr ernst“ genommen, hieß es gegenüber der taz. Die AG will zusammen mit Töchtern von Daimler Benz, dem Lockhead-Konzern sowie der Dresdner Bank drei Viertel der Holding-Anteile von den Gesellschaftern erwerben.

Das von 1986 bis 1993 privatisierte Unternehmen IVG hat bereits Erfahrung mit der Organisation des Luftverkehrs. Unter anderem verwaltet es die Rohölreserve der Bundesregierung für den Kriegsfall. In Frankfurt und Stuttgart betreibt die IVG Anlagen für die Flugzeugreinigung, in München ein Tanklager für Kerosin. Der Umsatz betrug 1994 440 Millionen Mark, 1995 werden 470 Millionen Mark erwartet. Die IVG wurde 1916 gegründet und hatte zwischen 1933 und 1945 der Rüstungsindustrie, darunter der IG Farben, Grundstücke zur Verfügung gestellt.

Der Kostenvorteil einer BBF- Privatisierung für die öffentliche Hand sei sowohl durch die private Beteiligung an der Holding wie durch den privatfinanzierten Ausbau von Schönefeld „deutlich höher“ als bei den bislang bekannten Vorschlägen. In der Vergangenheit hatte ein Konsortium um den Frankfurter Bauunternehmer Phillip Holzmann angeboten, einen Großflughafen bei Sperenberg zu bauen. Allerdings müßten bei dieser Offerte die Gesellschafter Berlin, Potsdam und Bonn alle Risiken tragen.

Die Sprecherin der Flughafen- Holding, Rosemarie Meichsner, bestätigte, daß es inzwischen mehrere Konsortien gebe, die sich am Bau eines Großflughafens beteiligen wollen. Die Holding hat mit einem sogenannten Markttest gezielt nach Investoren gesucht. Ein Abschlußbericht werde den Aufsichtsratsmitgliedern Ende Dezember vorgelegt. In einer Aufsichtsratssitzung Anfang Februar werden die Ergebnisse bewertet.

Mit dem Angebot der IVG ist neue Bewegung in die festgefahrene Flughafenplanung gekommen. Sowohl die Senatskanzlei wie auch die Finanzverwaltung signalisieren großes Interesse an dem Verkauf von Gesellschafteranteilen an Privatunternehmen. Die IVG macht allerdings zur Voraussetzung, daß die Gesellschafter das Aus für Tempelhof und Tegel zu festgelegten Terminen und den Ausbau Schönefelds beschließen. Die Bündnisgrünen begrüßten diesen Vorschlag ebenfalls. Die Sperenberg-Befürworter ÖTV und SPD warnen dagegen vor einer Vorentscheidung in der Standortfrage. Dirk Wildt/Hannes Koch