: Großeinsatz gegen Vietnamesen
■ Polizeirazzia in Hohenschönhausen wenige Wochen vor Schließung der Wohnheime in der Zingster Straße zum Jahresende. Jetzt bleibt nur noch der bewachte Wohnheimkomplex in der Gehrenseestraße
Auf der Basis von 36 richterlichen Durchsuchungsanordnungen kam es gestern morgen in den von VietnamesInnen bewohnten Heimen der Zingster Straße zu einem Großeinsatz der Polizei. Ein Hohenschönhausener Anwohner berichtete, daß ab ca. 4 Uhr etwa zwanzig Polizeifahrzeuge das Gebiet weiträumig absperrten, wenig später seien die Häuser durchkämmt und etliche Vietnamesen festgenommen worden.
„Die Beamten gingen sehr sachlich vor, und die Verdächtigen leisteten keinen Widerstand“, so Karin Hopfmann, PDS-Fraktionsmitglied im Abgeordnetenhaus, die vor Ort war. Ziel des Einsatzes waren nach Polizeiangaben die illegal in den Heimen wohnenden VietnamesInnen. Allein in einer Wohnung seien zwanzig Leute angetroffen worden.
Auffallend ist, daß die Razzia wieder einmal mit der beabsichtigten Schließung eines von der Arwobau betriebenen Wohnheimkomplexes einhergeht. Ähnlich groß angelegte Einsätze hatte es bereits Ende 1994 in der Havemannstraße in Marzahn und Mitte des Jahres in der Lichtenberger Rhinstraße gegeben. Zwar versicherte Gerd Neubert, Ausländerbeauftragter der Wohnungsgesellschaft, im Gespräch mit Karin Hopfmann, daß er in der Frühe völlig überraschend aus dem Bett geholt worden sei. Doch da die Arwobau – auf der Basis von zu DDR-Zeiten abgeschlossenen Verträgen – verpflichtet ist, alle angemieteten Wohnungen bis Ende des Jahres an die jeweiligen städtischen Wohnungsunternehmen zurückzugeben, dürfte die polizeiliche „Entsorgung“ von sich illegal in den Heimen aufhaltenden VietnamesInnen nicht ungelegen kommen.
Gerade weil selbst die legalen Mieter der Arwobau manche Bauchschmerzen bereiteten und noch bereiten. In der Rhinstraße hatten beispielsweise 38 VietnamesInnen Widerspruch gegen ihre Kündigungen eingelegt. In der Zingster Straße sind legal, so Arwobau-Pressesprecherin Dagmar Schlich, derzeit noch 25 Wohnungen bewohnt. „Meist mit ein, zwei Mietern, denen zum 31. Dezember gekündigt wurde.“ Da schon jetzt absehbar ist, daß bis Jahresende nicht alle Gekündigten mit Wohnraum versorgt werden können, sei die Arwobau bereit, die VietnamesInnen, auch jene in der Rhinstraße, bis zur Lösung des Problems zu dulden. „Da es überall an Wohnraum mangelt und da einige Vietnamesen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus keinen Wohnberechtigungsschein erhalten können, halten wir unser Objekt in der Gehrenseestraße in Abstimmung mit der Berliner Ausländerbeauftragten nach wie vor für sie offen“, so Schlich. Kathi Seefeld
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