Bündnis Mitte will nur eine Kröte schlucken

■ Deal mit PDS bei Bürgermeisterwahl, um Baustadtrat Keil (SPD) zu verhindern

Das Bündnis Mitte bringt Bewegung in die festgefahrene Wahl des Bezirksamtes Mitte. Einige Fraktionsmitglieder des Bündnisses wollen sich bei der heutigen Wahl der Bezirksbürgermeisterin enthalten und damit der umstrittenen PDS-Kandidatin Sylvia Jastrzembski den Weg frei machen. Das Bündnis will verhindern, daß der investorenfreundliche SPD-Mann Gerhard Keil Baustadtrat wird. Deshalb soll die PDS eine geeignete Kandidatin als Baustadträtin nominieren. Mit der früheren Pankower Baustadträtin Claudia Nier hat die PDS denn auch eine Politikerin aufgestellt, von der sich das Bündnis Mitte eine Weiterführung der baupolitischen Linie seiner abgesetzten Baustadträtin Dorothee Dubrau erhofft.

Weil eine Wahl der früheren SED-Kreisleiterin Jastrzembski ohnehin nicht abzuwenden sei, wolle das Bündnis zumindest das „Horrorszenario“ verhindern, daß der bisherige Bürgermeister Keil Baustadtrat werde, sagte Fraktionschef Frank Bertermann gestern. Dieser Kompromiß sei der Fraktion sehr schwergefallen und eine große Belastungsprobe für die Fraktion. Doch es gelte, die „schlechteste Variante“ für den Bezirk zu verhindern.

Bei einem Gespräch des Bündisses mit der PDS war ein umfangreicher Konsenskatalog über politische Ziele im Bezirk ausgehandelt worden. Auch mit der SPD seien inhaltliche Gespräche geführt worden, mit der PDS habe sich aber ein größeres Maß an Übereinstimmung ergeben. Gerhard Keil ist für das Bündnis Mitte spätestens seit einem „Bestechungsversuch“ „politisch nicht tragbar“. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Stephan Hilsberg hatte dem Bündnis im Auftrag von Keil den Vorschlag unterbreitet, daß ein SPD-Abgeordneter zur BVV- Fraktion des Bündnisses überwechselt. Damit hätten sich die Mehrheitsverhältnisse so verändert, daß der Bündnis-Fraktion doch noch ein Stadtratsposten zugestanden hätte. Als Gegenleistung sollte die Bündnis-Fraktion bei der Wahl des Bürgermeisters für Keil stimmen. Bündnis Mitte hatte dieses Angebot empört abgelehnt. Den Deal hatte Keil noch dazu an den SPD-Parteigremien vorbei eingefädelt. Die BVV- Fraktion der SPD hatte sogar beschlossen, die Parteibasis über die Kungelei nicht zu informieren. Aus Protest gegen diese Mißachtung aller demokratischen Spielregeln war daraufhin Anfang Dezember der gesamte SPD-Kreisvorstand Mitte zurückgetreten. Während die Parteibasis gegen eine Unterstützung von Jastrzembski votiert hat, will eine Reihe BVV-Mitglieder der SPD für die umstrittene Politikerin stimmen.

Daß die SPD trotz allem an Keil als ihrem Spitzenkandidaten festhält, nennt das Bündnis eine politische Instinktlosigkeit. „Wir denken immer noch, daß Bewegung rein kommen könnte“, sagte gestern Fraktionschef Bertermann. „Wenn die SPD bereit ist, eine Zählgemeinschaft einzugehen, muß man darüber sprechen.“ Voraussetzung sei allerdings, daß die SPD einen anderen Kandidaten präsentiere. Dorothee Winden