Rußlands Grüne sind sich nicht grün

■ „Kedr“ will in die Duma. Doch die Ökos sind zerstritten

Moskau (taz) – Bulat Okudschawa staunte nicht schlecht. Aus der Presse erfuhr der Moskauer Liedermacher, daß sein Name auf der Liste der ökologischen Partei „Kedr“ (Zeder) steht. Aufgebracht teilte er dem Wahlbüro mit, daß „Kedr“ ihn ohne sein Wissen auf die Liste gesetzt hatte. Jetzt ermittelt der Generalstaatsanwalt. Dem Fälscher drohen bei einer Verurteilung nun drei Jahre Haft. Dieser „Listenschwindel“ war der Isvestija sogar eine Meldung auf der ersten Seite wert. Doch ansonsten macht „Kedr“, die einzige Öko-Partei Rußlands, die bei den Dumawahlen antritt, kaum Schlagzeilen. Laut Programm setzt sich „Kedr“ für die Stärkung von kleineren und mittleren Privatfirmen sowie eine Ökosteuer ein. Unklar bleibt die Forderung nach einem starken Rußland, die „Kedr“ noch schnell in ihre Plattform aufgenommen hatte. Über den Tschetschenien-Krieg verlieren die Umweltschützer kein Wort. Die Partei, die 1993 nur ein Prozent der Stimmen erhielt und auch von der „Ökologieabteilung der Truppen des Innenministeriums“ unterstützt wird, hofft jetzt auf kräftigen Zuwachs. Die Ökos liebäugeln mit einem Ergebnis zwischen 7 und 11 Prozent. Doch die Chancen stehen schlecht. Anstatt Wähler zu werben, ergeht sich die Partei lieber in internen Machtkämpfen. Die Folge: Drei bekannte Ökologen sind ausgestiegen. Alla Jaroschinskaja, Mitglied von Jelzins Präsidialrat und lange als Nummer eins der Liste gehandelt, verließ die Partei im August dieses Jahres. Jaroschinskaja, 1992 mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet, kritisierte, daß es „Kedr“ nicht gelungen sei, langjährige Umweltschützer einzubinden. Auch Umweltminister Danilow-Daniljan und Walerij Menschikow, Mitarbeiter des Ökologieausschusses des Nationalen Sicherheitsrates, haben „Zeder“ den Rücken gekehrt. Doch Kritik gibt es nicht nur aus den eigenen Reihen. Für den Vorsitzenden der größten russischen Umweltorganissation „Sozial-Ökologische Union“, Swjatoslaw Sabelin, ist „Kedr“ nur der schlecht kaschierte Versuch, ökologisch orientierte WählerInnen zu vereinnahmen. „Während die natürliche Zeder im Sommer und Winter grünt, grünt diese Zeder immer nur zu Wahlkampfzeiten. Hier wird von bestimmten politischen Kräften, die sich sonst wenig um die Umwelt kümmern versucht, eine grüne Nische im Parteienspektrum zu besetzen.“ Unter diesen Bedingungen sollte überhaupt keine grüne Partei kandidieren. Bernhard Clasen