■ Nachgefragt
: „Denke über Austritt aus der FDP nach“

Der Rechtsanwalt Axel Adamietz (48) war von 1979 bis 1983 Bürgerschaftsabgeordneter der Bremer Grünen Liste. 1990 ist er der FDP beigetreten und vertrat sie während der vierjährigen Ampel-Koalition als Abgeordneter und Mitglied des Fraktionsvorstands. Nach dem Wahldesaster der FDP im Mai war Adamietz kurze Zeit kommissarischer Landesvorsitzender und wurde in den FDP-Bundesvorstand gewählt. Diese Funktion hat er noch heute, läßt sie jedoch seit seiner Niederlage bei der Wahl des neuen Bremer Landesvorsitzenden ruhen.

taz: Sie haben beim Mitgliedervotum der FDP gegen den „großen Lauschangriff“ gestimmt?

Axel Adamietz: Ja.

Ist die Entscheidung dafür jetzt das Ende der FDP als liberaler Partei?

Das sehe ich noch nicht ganz so. Aber es ist wie die Jahreszeit: Es wird Winter und kalt.

Austreten wollen Sie nicht?

Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist Anlaß, über diese Frage mit anderen nachzudenken. Im Augenblick sehe ich es so wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger: Das war eine Richtungsentscheidung, aber sie bleibt in der FDP und erweist ihr damit einen großen Dienst. Denn sie sagt damit, daß es innerhalb der FDP noch Perspektiven für Liberale gibt.

Die Bremer FDP wird traditionell für liberaler als die Bundes-FDP gehalten...

Na ja, ich habe damit meine eigenen Erfahrungen gemacht. Bei der Wahl des neuen Landesvorstands gab es auch in Bremen ein Zweidrittel/Eindrittel-Ergebnis. Das ist wohl durchgängig so eine Stimmungslage in der Partei, da hebt sich Bremen nicht ab.

Auf den Bundesparteitagen der FDP waren die Mehrheiten immer genau umgekehrt. Warum findet sich die Meinung der Basis bei den Delegierten nicht wieder?

Es kann schon sein, daß es sowas wie die schweigende Mehrheit gibt, die sich bei den Delegierten nicht widerspiegelt. Die Delegierten haben gespürt, daß das Erscheinungsbild der Partei insgesamt schlecht ist. Da gab es das absolute Bedürfnis, liberale Positionen zu artikulieren.

Leutheusser hat dafür eine Standig-Ovation bekommen wie niemand sonst auf dem Parteitag. Für den gewählten Gerhardt gab es nur den Pflichtbeifall. Das war ein richtiger Instinkt der Delegierten: Wir wollen schon liberale Positionen, nur im politischen Alltagsgeschäft setzt man es nicht um. Da kriegt man kalte Füße und beugt sich dem Koalitionspartner, der ein großer Bär ist, der einen bei der Umarmung leicht erdrückt.

Wozu ist die FDP nach dieser Mitgliederentscheidung noch gut?

Es muß Liberalismus geben. Ob es den in der Form FDP geben muß, muß man immer sehr konkret und sehr aktuell entscheiden. Aber immerhin ist es eine Ehre für Liberale, daß das jetzt am Lauschangriff festgemacht wird. Schließlich sind SPD und CDU für den großen Lauschangriff, und nicht nur zu zwei Dritteln.

Im Moment braucht man die FDP nicht mehr, aber Sie wollen dafür kämpfen, daß sich das einmal wieder ändert?

Das haben Sie schön gesagt.

Fragen: Dirk Asendorpf Foto: Wolfram Steinberg