ICE kommt, Nahverkehr geht

■ Bündnisgrüne fordern „Flächenbahn statt Tempowahn“

Berlin (taz) – Nach drei Jahren Bauzeit ist die ICE-Strecke von Berlin zum früheren Grenzübergang Helmstedt fertig. Ab morgen fahren täglich in jede Richtung zehn der schnellen Weißen von Berlin-Zoo über Potsdam Richtung Westen. Das 163 Kilometer lange Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 5 hat 2,1 Milliarden Mark gekostet.

„Flächenbahn statt Tempowahn“ hat die Bundestagsfraktion der Grünen am Mittwoch gefordert. „Statt einer Schrumpfbahn mit nur wenigen ICE-Strecken wollen wir ein Schienensystem, das zusammen mit Buszubringern jedem Menschen die Chance bietet, das Auto stehenzulassen“, sagt Albert Schmidt, Bahnsprecher der bündnisgrünen Fraktion. „Es ist ein Skandal“, so Schmidt, „daß die DB AG bis heute keine leichten, beschleunigungsstarken Schienenfahrzeuge für den Nahverkehr besitzt.“ Dort seien 90 Prozent der Bahnkunden unterwegs. Dort liege auch die Zukunft der Bahn und nicht bei Traumtänzerprodukten wie Transrapid oder Tiergartentunnel.

Es werden jedoch immer noch Strecken stillgelegt, seit dem 1. Januar 1994 über 700 Kilometer. Und im nächsten Jahr geht es weiter: Nach einem Papier der Bahn haben die östlichen Bundesländer für 22 Nahverkehrsstrecken noch keine Personenzüge bei der Bahn bestellt. Frühestens zum nächsten Fahrplanwechsel könnte der Zugverkehr für diese Strecken eingestellt werden. Auf den ersten Blick kein großer Verlust, denn auf den Strecken fuhren laut Bahn AG nur bis zu zwei Züge pro Tag. Für ein attraktives Bahnnetz wären laut Albert Schmidt jedoch 10.000 Kilometer neue Gleise und mehr Bahnhöfe statt weniger nötig. rem