Die SPD muß wissen, was auf sie zukommt

■ Strieder fordert Koalitionsvertrag, in dem Sparmaßnahmen festgeschrieben werden

taz: Der Parteitag hat beschlossen, eine Große Koalition habe den Haushalt „sozialverträglich“ zu konsolidieren, für eine schnelle Fusion mit Brandenburg zu werben sowie keine Anteile von Wohnungsbaugesellschaften und der Bewag zu verkaufen. Reichen diese Aussagen aus, um Mitte Januar eine Mehrheit für eine Große Koalition zu bekommen?

Peter Strieder: Entscheidend ist die Richtung, die sich aus einem sehr viel umfassenderen Vertrag ergibt. Wir dürfen der künftigen Generation nicht unsere Lasten als Erbe hinterlassen. Deswegen gehört neben die Haushaltskonsolidierung und die Fusion auch eine Bildungsoffensive. Zukunft für Kinder und Enkelkinder müßte die Überschrift des Koalitionsprogramms lauten.

Die Entscheidung, Koalitionsgespräche zu führen, ist mit 57 Prozent knapp ausgefallen. Zu knapp?

Das knappe Ergebnis zeigt, daß es ein heftiges Ringen in der SPD gibt. Damit ist jedem klar, wer nicht mit Erfolgen aus den Koalitionsverhandlungen zurückkehrt, wird keine Mehrheit auf dem Parteitag bekommen.

Fehlt der SPD eine Person, die zwischen den beiden fast gleich großen Lagern vermitteln kann?

In dieser Glaubensfrage konnte es zu gar keiner Bewegung zwischen beiden Seiten kommen. Der geschäftsführende Landesvorstand hat in den vergangenen sieben Wochen verschlafen, eine Debatte über eine inhaltliche Neubestimmung zu initiieren, obwohl er vom letzten Parteitag dazu aufgefordert worden war.

Heckelmann soll dem nächsten Senat nicht mehr angehören. Die CDU hält an ihm fest. Scheitern die Koalitionsverhandlungen schon vor ihrem Beginn?

Das ist eine klare Position der SPD: Eine Koalition mit Heckelmann wird es nicht geben, weil er keine offene, tolerante und liberale Hauptstadt repräsentieren kann.

Eine Große Koalition wird massive Sparmaßnahmen verkünden. Verfestigt deshalb eine Regierungsbeteiligung der SPD den innerparteilichen Graben zwischen denen, die von der Notwendigkeit tiefer Einschnitte überzeugt sind, und jenen, die soziale Errungenschaften um jeden Preis erhalten wollen?

Genau das wird das Problem sein. Deshalb muß im Koalitionsvertrag bereits ein Großteil dieser Einschnitte vereinbart werden, damit der nächste SPD- Parteitag genau weiß, was auf die Politiker in den nächsten Jahren zukommt. Interview: Dirk Wildt