■ Press-Schlag
: Vogts: Vermeiden verbaler Exzesse

So spricht der Kapitän Klinsmann: „In der Endrunde gibt es keine leichten Gegner mehr.“ Abgedroschen? Mag sein. Aber nicht falsch. Es gibt allerhöchstens leichtere. Und schwerere. Und gestrige Auslosung hin oder her: Wer im Juni Europameister werden will, muß was? Sie alle irgendwann im Verlauf des Turniers schlagen? Vielleicht nicht. Doch er sollte dazu in der Lage sein.

Ob die Deutschen das sind, darüber hat der Promotion-Gag in Johannesburg keinen Aufschluß geben sollen. Für den war das 0:0 gegen Handelspartner Südafrika das logische und das beste Ergebnis. Was man wollte, hat man bekommen: einen Händedruck von Mandela beziehungsweise dessen Dokumentation.

Jener ist Symbol für das harmonische Ausklingen eines Jahres, das als „annus concordiae“ in die DFB-Geschichte einzugehen hat. Achtmal hat man gewonnen, dreimal remisiert, nur einmal, in Sofia, verloren, und allenthalben ist Friede, „Freude“ (Klinsmann) und „gute Stimmung“ (Klinsmann). Wie dieser gruppendynamische Prozeß sich genau vollzogen hat, ist nicht bekannt. Gemunkelt wird allerdings, er sei weniger durch intensives Reden zustande gekommen als vielmehr durch Vermeiden verbaler Exzesse. Grundsätzlich eher zur Vermeider-Fraktion rechnet man nun zufällig die Kicker Köpke, Helmer, Häßler, Klinsmann. Sie sind nach dem Paradigmenwechsel jene Männer-Achse, die auf der Insel alles möglich machen soll. Sie sind es, die den selbständig denkenden Sammer mittels harmonischem Schweigen zu integrieren haben. Sie sind es, die genug reden sollen, ohne zuviel zu sagen.

Der Rest, zu dem auch der national unauffällige Basler gehört, soll, da sich das eine nicht zwingend aufdrängt, auch das andere lassen. Und insbesondere nicht mit jenen Blättern tratschen, die Vogts weiter exklusiv so lange an die Kehle springern, bis er eines Tages doch mit Freund Egidius jenen von ihm selbst unklug ins Spiel gebrachten Schierlingsbecher Rotwein zu leeren haben wird.

„Es hat sich viel geändert“, findet etwa der erfahrene Jürgen Kohler bereitwillig, „wir Spieler kommunizieren besser miteinander.“ Das mag sein, doch leugnet auch keiner der Kicker ernsthaft, daß nicht die „Einheit“ (Klinsmann) die Siege möglich gemacht hat, sondern die Siege die neue Einheit. Aber, warnt Kohler, der selbst nicht mehr richtig dazugehört, „bei einem großen Turnier wird das wieder anders sein.“ Da nämlich „entstehen Konflikte und Reibungsflächen“.

Auch wenn der Bundestrainer den Hauptvertreter der Konflikt- und Reibungsfraktion draußen in Starnberg sitzenläßt und seinen Stellvertreter in Mönchengladbach: Wenn es in England nicht von alleine läuft, dann rennt schleunigst jeder um sein eigenes Leben. Oder genauer: redet. pu