Friedlich und radikal

Nach der Demonstration gegen die Kriminalisierung linker Gruppen gab es vereinzelt Randale  ■ Aus Hamburg Marco Carini

Rund 4.700 Menschen aus dem linken Spektrum – 1.700 mehr als vom Veranstalter erwartet – demonstrierten am Samstag in Hamburg friedlich gegen „die Kriminalisierung linker Widerstandsgruppen“ und das Verbot der Linksaußen- Zeitschrift radikal. Obwohl es erst nach Ende der Demonstration zu vereinzelten Scharmützeln zwischen Demonstranten und Polizei kam, nahmen die Ordnungshüter 101 Personen „vorbeugend“ in polizeilichen Gewahrsam, 7 wurden festgenomen.

Tagelang hatten die Hamburger Medien vor der Demonstration mit Schreckensvisionen die „Angst vor den Chaoten“ geschürt und so die Atmosphäre aufgeheizt. Die VeranstalterInnen verurteilten den Versuch, „die Demonstration zu verunglimpfen“. Sie kritisierten das von Innensenator Wrocklage verhängte „Innenstadt-Verbot“ für den Demonstrationszug.

Die Polizeiführung hatte das massivste Aufgebot aufgefahren, das die Hansestadt seit Jahren gesehen hat. Über 4.000 Einsatzkräfte aus zehn Bundesländern sowie ein imposanter Fuhrpark aus Wasserwerfern und Panzerwagen sollten für Ruhe und Ordnung sorgen. Viele der aus ganz Deutschland, Holland und Dänemark angereisten Autonomen und Antiimperialisten zeigten sich aber nicht bereit, nur auf menschenleeren Straßen ihren Protest gegen den „Repressionsstaat“ kundzutun. Rund 500 von ihnen „sickerten“ nach der Demonstration in die Innenstadt ein, um in kleinen Gruppen Flugblätter zu verteilen und in Sprechchören die „Freilassung aller politischen Gefangenen“ zu fordern. Nach Einschätzung der Hamburger Grünen führte das auch in der Polizeiführung umstrittene City-Demonstrationsverbot dazu, daß nach der Demonstration noch einzelne Scheiben in der Innenstadt klirrten.

Die Demonstrationsbeiträge richteten sich vor allem gegen die Kriminalisierung der Untergrundzeitschrift radikal, deren mutmaßliche MitarbeiterInnen von der Bundesanwaltschaft zu einer „kriminellen Vereinigung“ erklärt worden sind. Anfang Dezember waren vier angebliche Mitarbeiter der radikal nach fast sechs Monaten Untersuchungshaft freigelassen, die Haftbefehle aber nicht aufgehoben worden. Vier im Rahmen der radikal-Ermittlungen gesuchte Personen entzogen sich dem polizeilichen Zugriff, sie verschwanden von der Bildfläche.