Mr. Ausmister, bleiben Sie im Stall!

■ FPÖ-Chef Jörg Haider konnte sich bei den österreichischen Parlamentswahlen nur unwesentlich verbessern. Sozialdemokraten gewinnen drei Prozent dazu und stellen weiterhin die stärkste Fraktion. Grüne verlieren stark

Wien (AP/AFP/dpa) – Jörg Haiders aggressiver Wahlkampf hat ihm nicht viel genützt: Seine rechtsgerichtete Partei, die „Freiheitlichen“, konnte sich bei den gestrigen vorgezogenen Parlamentswahlen nur unwesentlich verbessern. Wahlsieger sind die Sozialdemokraten: Nach Hochrechnungen gewann die SPÖ von Bundeskanzler Franz Vranitzky 3 Prozentpunkte gegenüber der letzten Wahl vom 9. Oktober 1994. Die SPÖ kam demnach auf 38,2 Prozent der Stimmen und 71 Mandate im 183 Sitze umfassenden Nationalrat. Das sind sechs Mandate mehr als zuvor.

Auch die konservative Volkspartei (ÖVP) von Vizekanzler und Außenminister Wolfgang Schüssel konnte nur geringfügig um 0,4 Prozentpunkte auf 28,1 Prozent zulegen und stellt mit 53 Abgeordneten einen mehr als zuvor. Die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) gewannen 22,3 Prozent (plus 0,1) und 42 Mandate. Das sind ebenso viele Mandate als bei den letzten Wahlen. Erstmals seit seiner Amtsübernahme 1986 geht somit Parteichef Haider nicht als strahlender Sieger aus einer Wahl in Österreich hervor. Dabei hatte er vor kurzem noch großspurig verkündet, in Österreich gründlich „ausmisten“ zu wollen.

Rechte Sprüche dürften Haider allerdings diesmal Stimmen gekostet haben: Im Sommer hatte er bei einem Veteranentreffen überaus freundliche Worte für eine Versammlung von ehemaligen SSlern und Veteranen gefunden: Es gebe in dieser Welt „noch anständige Menschen, die einen Charakter haben und auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen“.

Klare Verlierer der österreichischen Parlamentswahl sind jedoch die Grünen, die sogar noch hinter das Liberale Forum zurückfielen. Sie büßten mit einem Wahlergebnis von 4,6 Prozent 2,7 Prozentpunkte ein und stellen fortan mit acht Abgeordneten fünf weniger als bisher; die Liberalen kamen auf 5,2 Prozent (minus 0,8 Prozent) und stellen mit neun Abgeordneten zwei weniger als bisher.

Rein rechnerisch ist in Österreich eine Ampelkoalition aus SPÖ, Liberalen und Grünen damit nicht möglich. Theoretisch könnten dagegen ÖVP und FPÖ eine Regierung bilden. Die Wahlbeteiligung dürfte mit rund 84 Prozent etwa 3 Prozentpunkte höher als 1994 gewesen sein.

Vranitzky sagte in einer ersten Reaktion, die österreichische Bevölkerung habe durch ihr Wahlverhalten einer Regierungsbeteiligung Haiders eine klare Absage erteilt. ÖVP-Generalsekretär Othmar Karas erkannte an, daß seine Partei das Wahlziel verfehlt habe, zur stärksten politischen Formation aufzusteigen. Die ÖVP machte „Angstparolen“ aus dem SPÖ-Wahlkampf für ihr unerwartet schlechtes Abschneiden verantwortlich. Mit den Warnungen vor einem „Rentenklau“ und vor einem möglichen Zusammengehen von ÖVP und Freiheitlichen habe die SPÖ die Wähler auf ihre Seite gebracht, sagte der ÖVP-Wirtschaftsexperte Günter Stummvoll.

Haider sprach gestern abend dennoch von einem „Erfolg“ und rechnete mit einer Wiederauflage der Koalition von ÖVP und SPÖ. Von einem „wunderbaren Ergebnis“ sprach FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold. Es sei die Basis für das Ziel, 1998 den Bundeskanzler zu stellen. Die Grünen-Chefin Madeleine Petrović räumte ein, das Wahlergebnis sei eine „absolute Niederlage“, die sie vor allem auf die Angst vor einer Koalition unter Beteiligung Haiders zurückführte. Da sie dennoch als Spitzenkandidatin die Verantwortung trage, biete sie ihren Rücktritt an. Die Liberalen sprachen von einem Ergebnis mit „einem lachenden und einem weinenden Auge“. Man habe Stimmen verloren, jedoch den Wiedereinzug ins Parlament gesichert, sagte ihr Bundesgeschäftsführer Gerhard Kratky.