Zukunft im Traumberuf Lokomotivführer

■ Die Bahn präsentiert Lehrberufe für 150 Bremer Azubis / Bremen wird neuer Ausbildungs-Schwerpunkt im Norden

Für SchulabgängerInnen, die eine Lehrstelle suchen, sieht es schlecht aus, da sind sich die Gewerkschaften einig. Zumindest für 150 Auszubildende ist der Zug noch nicht abgefahren, denn ein großes Unternehmen liegt nicht im Negativtrend: Die Deutsche Bahn AG (DB). Dreimal mehr BewerberInnen als im Vorjahr können von September an in Bremen einen Beruf rund um den Schienenverkehr erlernen. Die Bahn hat die Hansestadt jetzt zu ihrem wichtigsten Ausbildungsstandort im Norden neben Hannover erkoren.

Mehr als 40.000 Mark läßt sich die Bahn jeden Ausbildungsplatz kosten. Wie solche Investitionen in qualifizierten Nachwuchs zu den weitverbreiteten Rationalisierung und Streckenstillegungen passen, erläuterte der Bremer DB-Ausbildungsleiter Manfred Matiszick. „Das Personal ist überaltert. Der Altersdurchschnitt liegt bei über 50 Jahren“, sagte Matiszick gestern auf der Eröffnung der Ausstellung „Ausbildungsberufe bei der Deutschen Bahn“ im Berufsinformationszentrum an der Faulenstraße. Seit der Privatisierung 1994 sei das Unternehmen mit Neueinstellungen „sehr zurückhaltend“ gewesen, so der Eisenbahner. Doch das solle sich jetzt ändern.

Mit der Ausstellung im Arbeitsamt wirbt die Bahn offensiv um den Nachwuchs - und zwar nicht nur um den männlichen, denn Lokführerinnen sind längst keine Sensation mehr. Im Berufsinformationszentrum können die BesucherInnen an Computerbildschirmen Rangiermanöver nachspielen. Mit Hilfe einer anderen Software läßt sich in Sekunden die schnellste Zugverbindung von Bremen nach Wladiwostok ausdrucken. In einem von Azubis gedrehten Film wird die rauhe Wirklichkeit von Stellwerken und Gleisanlagen vorgestellt.

„Wer bei der Bahn lernt, hat eine Zukunft“, sagte Matiszick. Der Stellenabbau treffe vor allem die neuen Bundesländer mit ihrer „dicken Personaldecke“. Um den Stau bei den Neueinstellungen auszugleichen, führten die Personalplaner sogar für die Bahn neue Berufe wie Reiseverkehrskaufmann/-frau ein. Berufswege wurden abgekürzt.

Wer Lokführer werden will, mußte früher eine Schlosser- oder Mechanikerlehre vorweisen. Dahinter stand laut Matiszick die Überlegung, daß wer eine Lok führt, diese auch reparieren können sollte. Das wurde im ICE-Zeitalter ohnehin utopisch, so daß jetzt eine dreijährige Ausbildung zum „Eisenbahner im Betriebsdienst mit Fachrichtung Lokführer“ eingerichtet wurde.

Wer nicht gerade die Abschlußprüfung versägt, hat laut Matiszick „100prozentige Chancen“, auch übernommen zu werden. Weniger Bedarf besteht für den traditionellen Techniker. „Von den Industriemechanikern, die im Ausbesserungswerk Sebaldsbrück lernen, kann derzeit keiner übernommen werden“, berichtete Ausbilder Karsten Lemke. Matiszick versicherte dagegen, wer bei der Bahn bleiben wolle, könne auf eine „artfremde“ Beschäftigung als Lokführer oder Fahrdienstleiter hoffen. Weit beliebter als die gewerblichen Jobs sind ohnehin die knappen kaufmännischen Stellen. Schon kurz nach Eröffnung der Ausstellung im Berufsinformationszentrum waren mehr als 50 Bewerbungen für die 40 angebotenen Stellen eingegangen. Matiszick erklärt sich die bis gestern zu beobachtende Zurückhaltung der Bewerber so: „Vielleicht war es ein Fehler, als neue Berufsbezeichnung –Eisenbahner– zu wählen – schreibt man Kaufmann, bewerben sich die Leute wie verrückt“.

Matiszick sorgt sich, daß die Ausbildungsplätze auch besetzt werden können. Sonst könnten sie im nächsten Jahr gestrichen werden. Um das Soll zu erfüllen, sind weit mehr Bewerber als Stellen nötig, erzählt Matiszick: Von 110 Bewerbern scheiterten im letzten Jahr 90 an der betriebsärztlichen Untersuchung, die alle Bahnanwärter über sich ergehen lassen müssen

. loh