Ermittlungsverfahren gegen von Bock

■ Verfahren gegen Rechtsradikale nicht bearbeitet / Borttscheller: Keine Suspendierung

Knapp zwei Wochen ist es her, daß die Generalstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Oberstaatsanwalt Hans-Georg von Bock und Polach wegen Strafvereitelung im Amt eingestellt hat, jetzt ermittelt die Behörde wieder. „Die Überprüfung des (...) Dezernates hat den Anfangsverdacht der Strafvereitelung im Amt ergeben“, teilte Generalstaatsanwalt Dr. Hans Janknecht gestern mit. „Gegen von Bock und Polach war deshalb von Amts wegen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten“.

Der ehemalige Oberstaatsanwalt hatte nach seiner Berufung ins Innenressort rund 180 Akten hinterlassen – die meisten unbearbeitet, wie Staatsanwalt Wolfgang Litzig in einem streng vertraulichen Bericht ans Justizressort festhielt. „Eine Feststellung über die qualitative Aktenführung“ könne nicht getroffen werden – so Litzig in seiner zweiseitigen Zusammenfassung – weil die Akten zum größten Teil „überhaupt nicht bearbeitet worden seien“.

Die Justiz-Deputierten warteten gestern vergeblich auf den Bericht. Das Justizressort, das das Gutachten zunächst an die Deputierten schicken wollte, hatte im letzten Moment einen Rückzieher gemacht. Der Bericht wurde „zur Chefsache“ erklärt – ob ihn die Deputierten jemals zu Gesicht bekommen, ist fraglich. Die Ergebnisse sind schlichtweg zu brisant (siehe taz 14.12): In dem Dienstzimmer von Bocks sollen etwa zehn Akten gefunden worden sein, die der ehemalige Oberstaatsanwalt nie registrieren ließ. Bei diesen „Geisterakten“, die offiziell nicht existierten, handelt es sich um Verfahren gegen Beschuldigte, die sich rechtsradikale Schriften aus dem Ausland bestellt hatten. Der Zoll hatte die Schriften beschlagnahmt. Die Akten wurden an von Bock weitergeleitet. Mittlerweile sind die Strafverfahren verjährt. Außerdem wurden in von Bocks Dezernat zahlreiche verjährte oder nicht bearbeitete Verfahren gefunden, die Litzig in sechs mehrseitigen Listen penibel aufgeführt hat: Öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, Landfriedensbruch , Beleidigung u.a.

Justizsenator Henning Scherf (SPD) und Innensenator Ralf Borttscheller „warnten“ gestern im Chor vor einer „öffentlichen Verurteilung“ des CDU-Innenstaatsrats. „Von Bock und Polach hat Anspruch, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dazu bedarf es einer Einsichtnahme in die Akten, die der Staatsrat umgehend beantragen wird.“ Borttscheller sieht zum „gegenwärtigen Stand des Verfahrens (...) keinerlei Anlaß, Herrn von Bock und Polach vom Dienst zu suspendieren.“ Er habe „wie jeder andere Bürger auch das Recht auf rechtliches Gehör, um sich gegen möglicherweise unbegründete Angriffe zur Wehr setzen zu können.“

Gegenüber der Öffentlichkeit will von Bock sich derzeit nicht zu den Vorwürfen äußern. Der Staatsrat ist krankgemeldet. „Ich bin krank, ich gebe keine Kommentare ab. Soll der Generalstaatsanwalt doch... Ich will mich nicht dazu äußern“, war das einzige, das von Bock und Polach gestern gegenüber der taz sagte.

Es ist das zweite Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung gegen ihn innerhalb kurzer Zeit. Knapp zwei Wochen ist es her, daß die Generalstaatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingestellt hat. Der Amtsrichter Ernst von Schönfeldt hatte von Bock angezeigt. Schönfeldt hatte vermutet, daß von Bock die Ermittlungen im Fall des Bürgerschaftsabgeordneten Helmut Pflugradt verschleppt habe. Der CDU-Politiker steht unter dem Verdacht, einen jungen Belgier sexuell genötigt zu haben.

kes