Seid demütig! „Aktives Betteln“ ist verboten – jedenfalls in Erfurt

Armut ist seit dem 1. Dezember in den Straßen Erfurts verboten. Allein die Frage: „Haste mal 'ne Mark?“ wird seither mit einer Geldbuße von 100 Mark bestraft. Das sieht eine „Bettelverordnung“ vor, die mit den Stimmen der CDU-Mehrheit den Rat der thüringischen Landeshauptstadt passierte. Das „aktive Betteln“, habe in letzter Zeit in Erfurt „überhandgenommen“, begründet eine Sprecherin der Stadtverwaltung das Verbot. Unter „aktivem Betteln“ versteht sie die Betteleien mit Tieren, die ja „austreten oder Passanten beißen könnten“. Für den Wanderzirkus im Winterlager und seine Tiere brechen da harte Zeiten an. „Aktiv“ ist ein Bettler aber auch, wenn er seine Mitmenschen anspricht, womöglich noch mit ausgestreckter Hand. Beschwerden von seiten der Anwohner und Geschäftsinhaber sind der Pressesprecherin nicht bekannt. Zudem sei das „passive Betteln“ ja weiterhin erlaubt. Bettler, die sich also möglichst unscheinbar an eine Erfurter Hauswand drücken und stumm auf einem Pappschild ihr Leid klagen, dürfen sitzen bleiben. Der Landesbezirk des Deutschen Gewerkschaftsbundes und thüringische Arbeitsloseninitiativen reagieren fassungslos auf die Erfurter „Bettelverordnung“: „Auf diese Weise soll die in erschreckendem Maße zunehmende Armut in Erfurt bewußt unsichtbar gemacht werden.“flo Foto: Paul Langrock/Zenit