Kommunisten für Volk und Vaterland

■ KP und Schirinowskis LDPR gewinnen russische Parlamentswahlen. Zusammenarbeit wird nicht ausgeschlossen

Moskau (taz/dpa) – Die Kommunistische Partei (KPFR) hat die russischen Parlamentswahlen vom Sonntag mit knapp 22 Prozent klar gewonnen. Damit konnte die KP ihr Stimmergebnis gegenüber 1993 verdoppeln. Auf den zweiten Platz kam die rechtsradikale Liberaldemokratische Partei (LDPR) von Wladimir Schirinowski, deren Stimmenanteil sich auf 11,1 Prozent halbierte. Die Partei des Regierungschefs Wiktor Tschernomyrdin, Unser Haus Rußland, erreichte 9,7 Prozent, der liberale Wahlblock Jabloko des Wirtschaftsexperten Grigori Jawlinski kam auf 8,4 Prozent. Diese vier waren die einzigen Parteien, die die Fünfprozenthürde übersprangen. „Die Frauen Rußlands“, bisher im Parlament vertreten, kamen nur auf 4,5 Prozent. Die Agrarpartei (3 Prozent) und der gemäßigt nationale Kongreß der Russischen Gemeinden (KRO) mit General Alexander Lebed (4,3 Prozent) blieben ebenfalls unter der Fünfprozenthürde. Die Angaben beruhen auf Resultaten aus 65 der 89 Regionen Rußlands. Mit einem vorläufigen Endergebnis wird in den kommenden Tagen gerechnet. Die Wahlbeteiligung betrug 64,95 Prozent.

Unklar blieb bis zum späten Montagnachmittag, ob die Reformpartei Demokratische Wahl Rußlands des ehemaligen Regierungschefs Jegor Gaidar den Sprung in die Duma geschafft hat. Vorläufigen Angaben zufolge lag sie bei 4,8 Prozent.

Auf einer Pressekonferenz forderte Gennadi Sjuganow, der Chef der Kommunisten, den Rücktritt der amtierenden Regierung. Er wolle eine „volkspatriotische Koalition“ mit einzelnen direkt gewählten Abgeordneten linker Orientierung bilden. Eine Zusammenarbeit mit Schirinowski schloß er nicht aus. Jelzin äußerte sich gestern nicht direkt zu dem Wahlausgang. Bereits am Sonntag hatte der Präsident angekündigt, er wolle an Tschernomyrdin als Regierungschef festhalten. Eine Kabinettsumbildung sei jedoch möglich. Unterdessen wollten Experten den Rücktritt von Außenminister Kosyrew, den die Kommunisten als zu prowestlich kritisieren, nicht mehr ausschließen. Kosyrew errang bei der Wahl ein Direktmandat in Murmansk. Das Gesetz verbietet es, zugleich Abgeordneter und Minister zu sein.

In Tschetschenien soll der von Moskau eingesetzte Verwaltungschef Doku Sawgajew mit mehr als 90 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt worden sein. Beobachter bezweifeln dieses Ergebnis. Tagesthema Seite 3