Kopfgeld-Prämien fürs Theater

■ Das Bremer Theater soll für Publikumszuwachs belohnt werden – statt mit der vereinbarten Etatanhebung

Die neue Linie der Bremer Kulturpolitik setzt ganz auf den Publikumserfolg. Mit einer „deutlichen Erhöhung“ der Zuwendungen aus der Stadtkasse dürfen die Shakespeare Company, das Waldau-Theater und das Junge Theater rechnen – der Lohn dafür, daß diese Theater eine „Attraktion beim Publikum“ seien. Das erklärte Kultursenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) gestern auf einer Pressekonferenz, auf der sie gemeinsam mit Kulturdeputierten von SPD und CDU ein neues „Theaterfinanzierungsmodell“ für 1996/97 vorstellte. Darin wird auch das Bremer Theater zu einer stärkeren Kundenorientierung aufgefordert: Eine Erhöhung gibt es nicht; dafür lockt die Senatorin mit einer zusätzlichen Ausschüttung, wenn das Theater zehn Prozent mehr Eintrittskarten verkauft .

Damit haben die Regierungspartner nach eigenem Ermessen den „größten Brocken“ im Kulturhaushalt bewältigt. 3,5 Millionen Mark sollte das Theater ursprünglich pro Jahr sparen – so hatte es die Senatorin noch vor vier Wochen in einem Gespräch mit dem Intendanten Klaus Pierwoß angedeutet. Jetzt bleibt der Etat doch der alte: 41.769.790 Mark stehen pro Jahr zur Verfügung. Das ist allerdings weniger, als das Theater gehofft hatte: Dort war man bisher von einer Anhebung der Subventionen um jährlich drei Prozent ausgegangen. „Das Bremer Theater“, so Kahrs, „muß sich gefallen lassen, daß es bestimmte Einbußen hinnehmen muß, die alle anderen Theater auch betreffen.“

Das sieht der Intendant allerdings anders. Die Erhöhung um drei Prozent sei vertraglich mit der Stadt festgelegt worden. Und wenn demnächst wieder entsprechende Tarifsteigerungen fürs Theaterpersonal folgen, „fehlt uns wieder eine Million pro Jahr“. Das Risiko höherer Lohnzahlungen „wird nun allein auf uns abgewälzt“. Vor allem sieht Pierwoß „den Geist des Trüpel-Vetrages verletzt, der uns ermöglichte, über Spielzeitgrenzen hinweg bis 1999 zu planen“. Jetzt gebe es wieder nur Zusagen für zwei Jahre.

Die Mindereinnahmen des Theaters sollen allerdings durch ein Bonus-System etwas abgefedert werden. „Wenn es dem Theater gelingt, seine eigenen Ansprüche einzulösen“, wollen die KulturpolitikerInnen nochmal Geld draufpacken. 200.000 Mark werden dazu in den Theaterhaushalt eingestellt; die Summe soll dann „entsperrt“ werden, wenn es dem Theater gelingt, zehn Prozent mehr Publikum anzulocken. Das sei eine Frage der Programmauswahl, aber auch der künstlerischen Qualität.

Das neue Finanzierungsmodell betrifft auch weitere Theater. Mit ihrer Vereinbarung wollen die Koalitionäre „eine profilierte Theaterszene in der Stadt sichern“, so die Senatorin. Demnach dürfte das Waldau Theater annähernd wieder mit den gleichen Subventionen rechnen wie früher. Manfred Fluß (SPD) nannte mit 1,4 Millionen Mark die Wunschsumme des Intendanten Michael Derda. In der vergangenen Legislaturperiode hatte das Theater auf Initiative der damaligen Senatorin Helga Trüpel (Grüne) Einbußen hinnehmen müssen; zuletzt lag der Betrag bei 1,15 Millionen Mark. Auch die Shakespeare Company soll „nach ähnlichen Kriterien“ bezuschußt werden, so die Prognose von Fluß. Das Junge Theater in der Friesenstraße schließlich wird in den nächsten drei Jahren „mit einer sechsstelligen Summe“ (Kahrs) unterstützt. Zuletzt waren 150.000 Mark jährlich im Gespräch. Für das Überleben reicht das allerdings noch nicht aus: Gestern teilte das Ensemble mit, daß trotz diverser Sponsoren noch rund 100.000 Mark pro Jahr fehlten. „Auf die Hilfe privater Förderer sind wir nach wie vor angewiesen“, so der Leiter Ralf Knapp.

Bezahlt werden soll der Geldsegen wietgehend nicht aus dem Kulturetat. Die Deputierten wollen bei der künftigen Theaterförderung auch großzügig auf Geld aus der Wirtschaftsförderung zurückgreifen. Vor allem die zehn Millionen Mark aus dem WAP (Wirtschaftspolitisches Aktionsprogramm des Senats), über die das Kulturressort künftig verfügen soll, müssen dabei verwendet werden. Damit wird erstmals in großem Maßstab eine institutionelle Förderung aus dem WAP betrieben. Elisabeth Motschmann (CDU), Sprecherin der Kulturdeputation, mahnte denn auch: Die Zuschüsse an Kultureinrichtungen müßten „auch in der Philosophie des WAP nachvollziehbar sein“. Bisher diente das WAP vor allem zur „Anschubfinanzierung“ neuer Initiativen wie dem „Kito“ und der „Kammerphilosophie“ sowie tourismusträchtiger Spektakel.

Das „Modell“ der Koalitionspartner und die konkreten Summen werden Anfang Januar in der Deputation abgestimmt. tw