Koalitionskrach um Kita-Gebühren

■ SPD-Fraktion läßt ihren Vorsitzenden im Regen stehen / CDU will nicht weiter nachgeben

In der Frage der Kindergarten-Gebühren hat sich die Große Koalition in die Sackgasse manövriert. Nachdem die SPD-Fraktion am Montag mit übergroßer Mehrheit das erst in der letzten Woche zwischen ihrem Chef Christian Weber und CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer ausgehandelte Gebührenmodell abgelehnt hat, war bei den Koalitionären gestern guter Rat teuer. Uwe Kramer, Sprecher der SPD-Fraktion, sieht in dem Streit jetzt „ein Thema für den Koalitionsausschuß“. CDU-Fraktionssprecher Guido Niermann dagegen hofft auf ein neues Treffen der geschäftsführenden Fraktionsvorstände, das am 9. und 10. Januar stattfinden soll.

In der Debatte der SPD-Fraktion war am Montag deutlich geworden, daß der Vorschlag von Weber und Neumeyer zu einer krassen sozialen Ungerechtigkeit führen würde. Denn während die Eltern mit dem niedrigsten und diejenigen mit dem höchsten Einkommen eine Gebührenerhöhung von jeweils rund 46 Prozent hinzunehmen hätten (von 41 auf 60 bzw. 424 auf 619 Mark), würden die Gebühren für ein mittleres Familieneinkommen von 4.800 Mark netto nur um 4,8 Prozent steigen (von 393 auf 412 Mark). Eine „unvertretbare Beule“ nannte dies die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Elke Steinhöfel.

Die SPD-Fraktion schlägt stattdessen die Beibehaltung des bisherigen Mindestbeitrags von 41 Mark für alle Familien mit einem Nettoeinkommen unter 3.000 Mark vor. Oberhalb dieser Grenze soll es eine zwischen elf und 25 Prozent langsam ansteigende Erhöhung je nach Familieneinkommen geben. Lediglich bei den Höchstverdienern mit mehr als 5.000 Mark netto sollen die Kita-Gebühren um bis zu 46 Prozent steigen.

In der Abstimmung fand dieses Modell, das von Sozialsenatorin Tine Wischer vorgestellt und befürwortet worden war, eine große Mehrheit. Gezählt wurden lediglich vier Gegenstimmen, darunter Fraktionschef Weber und die ehemalige Sozialsenatorin Sabine Uhl. Am Freitag hatte Weber auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem CDU-Kollegen Neumeyer noch erklärt, er sei „zuversichtlich, daß die SPD-Fraktion unserem Kompromiß zustimmt“.

Harsch war denn gestern auch die Reaktion aus dem CDU-Haus. „Wir sind doch nicht im Kindergarten“, empörte sich Neumeyer und schloß eine „Kita-Gebührenerhöhung, die einseitig zu Lasten der Berufstätigen geht“ aus. Neumeyer: „Für den Ausgleich der Besserverdienenden gegenüber den Geringverdienenden ist das Steuersystem zuständig, nicht aber die Gebührenstaffelung bei den Kindertagesheimen“. Mit dem Abrücken der SPD von dem Kompromiß, den die Fraktionsvorstände ausgehandelt hatten, gefährde sie nun das gesamte Kindergartenausbauprogramm.

Dafür habe Finanzsenator Nölle nämlich „auf Initiative der CDU-Fraktion“ vier Millionen Mark im Jahr versprochen, wenn der gleiche Betrag durch die Gebührenerhöhung zustande kommt. Das in der SPD-Fraktion beschlossene Konzept summiert sich jedoch nur auf 3,6 Millionen Mark im Jahr. Für die Erfüllung des ab 1.1.96 geltenden Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz reichen jedoch beide Beträge bei weitem nicht aus. In der Sozialbehörde wird derzeit von rund 45 Millionen Mark ausgegangen, die in den nächsten zwei Jahren benötigt werden, um allen Dreijährigen einen Kita-Platz anbieten zu können. Ase