CDU und SPD trennen sich am Brandenburger Tor

■ CDU präsentiert vor Koalitionsgesprächen mit der SPD eine „Giftliste“. Konflikt um Tordurchfahrt und Heckelmann

CDU und SPD haben gestern nachmittag begonnen, die Ziele einer neuen Großen Koalition auszuhandeln. Noch vor Verhandlungsbeginn lancierte die CDU ein Strategiepapier an Die Welt.

Darin fordert die CDU:

– keine Erhöhung der überdurchschnittlich niedrigen Gewerbesteuer,

– die Streichung von ABM-Projekten,

– statt 100.000 Sozialwohnungen 100.000 Eigentumswohnungen zu bauen,

– am Pariser Platz statt moderner eine historische Architektur,

– mehr Geld für Beamte, und

– den Dienst bei der Freiwilligen Polizeireserve als Wehrersatzdienst anerkennen zu lassen.

In der Verkehrspolitik soll weiter das Motto des ehemaligen Verkehrssenators Haase, „Zurück in die fünfziger Jahre“, gelten:

– Trotz mangelnden Geldes soll die Kanzler-U-Bahn Unter den Linden planmäßig fertiggestellt,

– die Avus teilweise auf sechs Spuren verbreitert,

– das Brandenburger Tor für den Autoverkehr geöffnet werden

und sollen

– Privatfirmen neue Parkhäuser in den Innenstadtbezirken bauen.

Das Papier schlug SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller in den Wind: CDU-Senator Haase habe die SPD mit seiner „Sabotagepolitik fünf Jahr lang vorgeführt“: „Das lassen wir mit uns nicht erneut machen.“ Schon jetzt zeichnet sich allerdings eine heftige Auseinandersetzung um Innensenator Heckelmann ab. Die SPD will ihn auf keinen Fall mehr in den Senat wählen. Der CDU-Landesausschuß beschloß aber am Montag abend, auf keinen Fall auf den umstrittenen Senator zu verzichten.

Um die „Giftliste“ sollte es gestern bei der ersten Verhandlungsrunde aber noch nicht gehen. Bei dem Gespräch, das bei Redaktionsschluß noch andauerte, wollten sich CDU und SPD zuallererst mit Finanzfragen befassen. Der Haushalt muß in den nächsten vier Jahren um insgesamt 16 Milliarden Mark reduziert werden. Sozialdemokraten aus dem Regierungsumfeld schließen dabei ausdrücklich Kündigungen im öffentlichen Dienst nicht aus. Bei den Finanzfragen rechneten sowohl der CDU-Chef und Regierende Bürgermeister Diepgen als auch SPD- Landeschef Dzembritzki mit „schwierigen Verhandlungen“. Heute und morgen werden die Koalitionsgespräche fortgesetzt.

Im neuen Jahr wollen sich SPD und CDU auf den Zuschnitt der Senatsverwaltungen und auf ihre Vorschläge für die dann noch zehn Senatorenposten einigen. Ein SPD-Parteitag am 17. Januar sowie ein CDU-Parteitag in derselben Woche sollen dann endgültig über die Fortsetzung der Großen Koalition entscheiden. Am 25. Januar soll der neue Senat gewählt werden. Senatssprecher Michael- Andreas Butz rechnete gestern aber damit, daß noch der alte Senat im Januar dem Verkauf von weiteren 25 Prozent der Bewag zustimmen werde. Dirk Wildt