Reporter im Visier des Geheimdienstes

■ Der BND wollte ZDF-Recherchen zum Plutonium-Skandal unterbinden

Bonn (taz) – Wozu dient der BND? Wenn überhaupt zu etwas, dann soll er Nachrichten aus dem Ausland beschaffen. Aber der Dienst wollte auch Nachrichten beeinflussen oder verhindern. Das belegt ein BND-Dokument, das der taz vorliegt. Am 28. April 1995 schickte es der Chef der spanischen BND-Residentur „Eckerlin“ an den Leitungsstab des BND in Pullach. Der BND-Mann hatte Wind davon bekommen, daß ein ZDF- Reporter die Beteiligten des Plutonium-Deals „Rafa“, „Roberto“ und andere aufstöbern wollte. Das sollte auf jeden Fall verhindert werden. Deshalb schrieb „Eckerlin“ an die heimische Zentrale: „Das ZDF versucht mit allen Beteiligten in Spanien Interviews zu drehen. Meine Frau hat Herrn Monath (ZDF) erklärt, daß ich zur Zeit verreist sei. Vielleicht kann Herr Dr. Lehberg auf das ZDF einwirken, um diese Versuche abzustellen.“ Dr. Lehberg war zu dieser Zeit stellvertretender Leiter der Abteilung Leitungswesen in der BND-Zentrale. Selbstbewußt fügte der spanische BND-Resident an: „Ich kann jedoch mit den Herren auch allein fertig werden.“

ZDF-Reporter Jens Monath kann sich erinnern, Ostern 95 für das „heute-journal“ und zehn Tage später für das Magazin „frontal“ in Spanien gewesen zu sein und dort heftig auf Granit gebissen zu haben. Der taz sagte er, BND-Residentur und Deutsche Botschaft hätten ihm tatsächlich „keinen Schritt weitergeholfen“ und ihn, im nachhinein betrachtet, sogar angelogen. Hilfreich sei nur „die Putzfrau oder Hausdame“ der Residentur gewesen. Sie habe ihm immerhin die Privatnummer der Mutter des spanischen BND-Chefs in Deutschland gegeben.

Verhindern konnten die Dunkelmänner die Berichterstattung nicht. Der Spanien-Korrespondent des ZDF, Harald Jung, erinnert sich, sehr viel später auf einem Empfang der Deutschen Botschaft erstmals von Peter Fischer-Hollweg angesprochen worden zu sein. Dies ist „Eckerlins“ offizieller Name in Spanien. Dessen BND- Funktion sei ihm aber nicht bekannt gewesen. Fischer-Hollweg habe sich eher flapsig über die Interviewwünsche des ZDF-Kollegen Monath geäußert und sinngemäß erklärt, „jetzt sei ja alles vorbei, geregelt und abgewehrt“.

Nach „Eckerlins“ Aufzeichnungen gab es einen weiteren erfolgreichen Versuch, Recherchen zu verhindern. „Roberto wird dem SPIEGEL kein Interview geben“, schrieb der Mann zufrieden an die Pullacher Zentrale. Jener „Roberto“ war seit 1992 in Spanien Vertrauensperson des BKA, seit 1993 des BND. Er vermittelte dem BND den Kontakt zu Rafa. Der wiederum half mit seinen Kontakten zu Waffenschmugglern dem BND beim Einfädeln des Plutonium-Schwindels. Holger Kulick