Wahlsieg ausgebaut

■ Rußlands KP bringt bei den Wahlen 45 Direktkandidaten durch

Moskau (taz) – „Die starke Immunität unserer Bürger hat dem Virus des Antikommunismus, von politisch Aids-Infizierten nach Rußland gebracht, widerstanden“, frohlockte das kommunistische Parteiorgan Prawda nach dem Wahlsieg seiner Partei. Nach Auszählung von 179 der 225 Direktmandate verfügt die KPRF über weitere 45 Sitze in der Duma. KP- Chef Sjuganow rechnet insgesamt mit mehr als 50 Direktkandidaten, die den Sprung in die Duma schaffen werden. Damit würde auf die Kommunisten etwa ein Drittel der 450 Sitze entfallen. Bisher haben nur vier Parteien die Fünfprozenthürde übersprungen. Hoffnungen machen dürfen sich noch die „Frauen Rußlands“ und die Partei „Wahl Rußlands“ mit Jegor Gaidar. Deren Direktkandidaten gewannen jeweils acht Mandate; um Fraktionsstatus zu erhalten, sind 15 Sitze erforderlich. Die Reformpartei „Jabloko“ mit 7,6 Prozent errang 12 Direktmandate. Ihre Fraktion wird an die 60 Abgeordnete stellen. Schirinowskis LDPR, mit 10,9 Prozent zweite Kraft, brachte nur einen Kandidaten direkt durch. Seine Fraktion wird an die 50 Sitze umfassen.

Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen forderte Grigori Jawlinski die liberalen und reformerischen Kräfte auf, sich bei der Suche nach einem aussichtsreichen Kandidaten an einen Tisch zu setzen: „Bei dem Versuch, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, müssen wir die breitestmögliche Koalition bilden“. Außenminister Kosyrew, ebenfalls Mandatsgewinner, kündigte an, er werde mit Jelzin über sein weiteres politisches Schicksal reden. Als Abgeordneter kann er kein Regierungsamt bekleiden.

In Tschetschenien hielten die Gefechte zwischen russischen Truppen und Rebellen an und griffen auch auf Grosny über. In Gudermes ließen die Kämpfe am Dienstag nach, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. Dort sollen die Rebellen offenbar langsam wieder aus der Stadt abziehen. Klaus-Helge Donath