Kaltes Wohnen auf der Baustelle

■ Prenzlauer Berg: Sanierung ohne Rücksicht auf die Mieter

Schöner Wohnen im Prenzlauer Berg: Die Quecksilbersäule zeigt acht Grad Zimmertemperatur an, der Keller ist aufgebrochen, die Briketts sind geklaut, und die Wohnung gleicht einer Baustelle, weil Handwerker mal eben die Zwischenwände versetzen. In dem Altbau Kopenhagener Straße 68 sind die Mieter die Dummen. Seit zwei Monaten wird das Gebäude aus der Jahrhundertwende modernisiert. Neuer Putz, neuer Anstrich und eine Gaszentralheizung sind geplant, die Wohnungen sollen Toiletten und Bäder sowie Thermopenfenster erhalten. Doch abgesprochen ist mit den Mietern nichts. Die Renovierungsmaßnahmen sind zwar Ende August angekündigt, aber auf die Vorschläge der Mieter ist nicht eingegangen worden. So fehlt auch ein Sozialplan, der regeln würde, inwiefern den Mietern die Renovierung zugemutet werden kann, der sicherstellt, daß sie nicht in der Kälte hocken, wenn der Gashahn zugedreht wird (seit Ende November ist das so), der den Mietern eine Ersatzwohnung sichert. Eine ältere Frau, die seit über zwanzig Jahren in dem Haus wohnt, sagte gestern auf der Pressekonferenz: „Ich brauche keine Badewanne, eine Dusche reicht mir völlig.“ Erst durch die Installierung der Badewanne muß nämlich die Zwischenwand versetzt werden und die Küche wird noch kleiner als sie ohnehin schon ist. „Die haben überhaupt keinen Plan, was sie machen“, sagt ein anderer Mieter.

Der Eigentümer hat mit den Baumaßnahmen ohne Genehmigung des Bau- und Wohnungsaufsichtsamtes begonnen. Er hat also die Gaszufuhr abgedreht, die Keller ausgeräumt, den Mietern als Ersatz Stromradiatoren und Elektroherde zur Verfügung gestellt, obwohl die maroden Stromleitungen das nicht mitmachen.

Dieser Zustand ist möglich, weil vor zwei Monaten die Bauordnung geändert wurde. Einbau von Gaszentralheizung, Versetzen von Wänden und anderes unterliegen nicht mehr der Genehmigungspflicht. Damit ist für ein sogenanntes Untersuchungsgebiet, also ein Gebiet, das ein Sanierungsgebiet werden soll, jeder Schutz vor Modernisierung weggefallen.

Mathias Schmitt-Gallesch von der „Gesellschaft für behutsame Stadterneuerung“ fordert als neues Steuerungsinstrument eine Erhaltungssatzung, mit der weitere Fälle wie in der Kopenhagener Straße vermieden werden sollen. Christoph Oellers