■ Das Portrait
: Öko-Saulus

Gerne hätte er den Preis persönlich empfangen, teilte seine Pressestelle mit. Doch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, war gestern nicht an seinem Kölner Arbeitsplatz, als ihm der Naturschutzbund (Nabu) den „Dinosaurier des Jahres 1995“ überreichen wollte. Die Zinnfigur in Spielzeuggröße gilt als „Deutschlands peinlichster Umweltpreis“. Unter sechs Kandidaten hätte sich der Nabu für den Mann entschieden, der noch vor drei Jahren ganz anders geehrt worden war – als „Öko-Manager des Jahres 1992“. Der IBM-Chef predigte umweltbewußtes Management: „Ohne Ökologie steuert die Ökonomie auf den Stillstand zu.“ Unternehmen müßten Umweltkosten nicht als Last, sondern Selbstverständlichkeit auffassen.

Inzwischen denkt er anders. Im Januar 1995 wurde der 55jährige BDI-Präsident, das heißt Cheflobbyist für 35 Wirtschaftsverbände und 80.000 Betriebe. Und seitdem denkt der Mann konsequent anders. Eine Rolle rückwärts vom „Öko-Paulus“ zum „Öko-Saulus“ habe er aus dem Stand vollbracht, wundert sich der Nabu.

Einst hatte Henkels IBM den Naturschützern sogar eine Umweltakademie bei Celle gesponsert. Aber Henkel gehöre offenbar „zu denjenigen Zeitgenossen, die öffentlich verlernen, was sie früher schon einmal besser wußten“. Nichts fürchtet Henkel heute mehr als die „unheilige Allianz zwischen Ökofreaks und Sozialpolitikern“. Ökosteuern sind für ihn „Blödsinn“ und verheißen den „Einstieg in eine ökologische Planwirtschaft“.

Hans-Olaf Henkel Foto: Marc Darchinger

Auch in der Kernenergiedebatte führt Henkel jetzt die „Schlachten von gestern mit den Argumenten von vorgestern“, wirft ihm Nabu-Chef Jochen Flasbarth vor. Denn laut Henkel möchten die Atomaussteiger Deutschland zum Agrarland machen. Hätte der IBM-Manager anno dazumal sogar Runde Tische angeregt, um Ökologen und Ökonomen zusammenzubringen – heute sei von dieser Dialogbereitschaft nichts mehr zu spüren: Der „Dinosaurier 95“ für den Umfaller des Jahres.

„Unglücklich“ mache ihn die neue Bezeichnung nicht, reagierte Henkel per Presseerklärung, um zugleich die Ökosteuer wieder zu verdammen, „die nichts, aber auch gar nichts für die Umwelt tut“. Dinosaurier seien außerdem „die Lieblinge der Kinder“, nicht von Menschen ausgerottet und nicht „von Ideologen ständig belästigt worden“. Vielfraße waren sie, mit wenig Hirn. Holger Kulick