„War doch nur gut gemeint“

■ Das scheußlichste Weihnachtsgeschenk: von der Unterwäsche bis zur Schallplatte

Alle Jahre wieder: Das gleiche Bild. Liebevoll verpackt mit Glanzpapier und Goldschleifchen liegen die Weihnachtsgeschenke verheißungsvoll unterm Christbaum. Doch nach dem Auspacken kommt die große Ernüchterung: Der lang ersehnte Winter-Pulli ist schrillgelb und zwei Nummern zu klein. Der Füller kleckst, die Feder kratzt – ein neues Exemplar für die Sammlung unnützer Geschenke. Der „zeitgenössische“ Roman (Kind, Du liest doch so gerne) entpuppt sich als schwülstige Liebesgeschichte, die fortan einen Stammplatz im Bücherschrank haben muß (für den Fall, daß Muttern zu Besuch kommt). Trotzdem macht der oder die Beschenkte gute Miene zum bösen Spiel: Schließlich waren die die milden Gaben nur gut gemeint – auch der Kettenanhänger von Oma (eine in Kunstharz gegossene Fliege). „Was war Ihr scheußlichstes Weihnachtsgeschenk“, wollte die taz von PassantInnen in der Innenstadt wissen.

„Meine Eltern haben mir mal zu Weihnachten ohne mein Wissen die Bude tapeziert: Deko-Tapete mit ländlichen Motiven“, erzählt Mirko H. (alle Namen aus verständlichen Gründen geändert) und schüttelt noch immer ungläubig den Kopf. Erst durch einen Umzug konnte er der ländlichen Idyll entfliehen.

„Mein Mann hat mir mal Jeans-Unterwäsche geschenkt. Größe 44 – damals trug ich noch nicht 44“, macht Ingrid M. ihrer Enttäuschung Luft. „Irgendwie hatte ich etwas Prickelnderes erwartet“, gesteht sie.

„Das skurilste Verlegenheitsgeschenk hab' ich mal von meinem Bruder gekriegt: Eine Dosensuppe. Kraftbrühe. Das war ich platt.“ Für die 22jährige Ulrike F. ist das drohende Weihnachtsgeschenk in diesem Jahr allerdings keine Überraschung. „Meine Mutter arbeitet seit einem Jahr an einer Patchworkjacke für mich“, weiß Elke J. „Eigentlich sollte ich sie schon letzten Weihnachten kriegen – ich fürchte, sie wird dieses Jahr fertig.“

Selbstgestrickte oder -gebastelte Weihnachtsgeschenke sind „besonders problematisch“, findet auch die 27jährige Christine M. „Man sieht ja, wieviel Mühe darin steckt. Es wäre einfach hartherzig sich nicht zu freuen. Ich habe meinen Verwandten deshalb die klare Anweisung gegeben: Kleidung kaufe ich selbst.“

„Mein schrecklichstes Weihnachtsgeschenk war ein selbstgestrickter, kreischbunter Wollpullover von meiner Oma, der Scheiße aussah und dazu noch kratzte“, erinnert sich Frauke M. „Ich hab' das Ding irgendwann einer Bekannten geschenkt – die fand den Pulli irgendwie cool, und ich war ihn los.“ Unliebsame Geschenke einfach weiterzuverschenken, ist eine gute Idee, findet auch Jochen G.: „Das ist enorm praktisch und man spart Geld.“ Als ihn seine Tante Käthe mit der „Trompeten-Hitparade“ überraschte, besann sich der smarte junge Mann sofort auf seine gute Erziehung und bedankte sich brav. Zwei Tage später verschenkte er die Platte an seinen Nachbarn, einen älteren Herrn, der sich „über diese kleine Aufmerksamkeit riesig gefreut hat.“ Auch die Zartbitter-Schokolade, die ihm seine Tante stets zu schenken pflegte, gab Jochen G. an seinen Nachbarn weiter. „Dafür hat der dann im Urlaub meine Blumen gegossen, und wir haben uns prima verstanden.“

„Meine Mutter hat mir mal meinem Anfangsbuchstaben geschenkt – aus Holz geschnitzt“, gruselt sich Susanne K. „Ich habe sofort protestiert und gesagt, Mama, Du weißst doch, daß ich sowas nicht mag. Meine Mutter hat schuldbewußt geantwortet: „Kind, ich weiß, aber vielleicht magst Du sowas ja später mal.“ kus