Zeit für Heimweh Im Weihnachtsmonat sind die Deutschen auch zu „Südländern“ freundlich, finden fünf ausländische Studenten in Bremen . Auf ihrem Wunschzettel steht in diesem Jahr die ganzjährige Arbeitserlaubnis.

Rabindra Puri liebt Weihnachten. Vor allem das Weihnachtsbaumschmücken und die Matthäuspassion live hauen den 25jährigen Nepalesen jedes Jahr wieder um, „auch wenn viele Deutsche sich wundern, daß jemand aus der Dritten Welt klassische Musik liebt“, fügt der Student fast entschuldigend hinzu. Bei ihm sei das nun Mal so – und zwar seit mindestens drei Jahren. Da erlebte er in Darmstadt Weihnachten. Das erste Mal im Leben. Zum Christfest hatte der Hindu bis dahin nur ein optisches Verhältnis: „Ich kannte keine Christen. In Nepal stellen höchstens große Hotels einen Weihnachtsbaum auf“ – aber so eine Plastiktanne sei mit den hiesigen Weihnachtsbäumen einfach nicht zu vergleichen.

Wenn Rabindra Puris Gesicht voll offenherziger Vorfreude über den deutschen, bunt geschmückten Christbaum strahlt, nicken seine internationalen KommilitonInnen zustimmend – auch über Rabindras Offenherzigkeit. Die, wie überhaupt ein direkterer Zugang zu den Gefühlen, unterscheidet „Südländer in Deutschland“ von den Deutschen, finden alle fünf, die zum taz-Gespräch über Weihnachten in die Räume des Diakonischen Werkes kamen: Adil Elnair, Mamoun Mohamed und Mubarak Idris aus dem Sudan, Rabindra Puri aus Nepal und Oscar Martinez aus Kolumbien. Sie kennen sich aus einem Arbeitskreis ausländischer Studierender, sind das Gespräch über Gefühle oder „die Deutschen“ gewöhnt – vor allem aber die Debatte politischer Themen.

Die werden auch an Weihnachten nicht ausgeblendet. Erst in der vergangenen Woche traf sich die Gruppe wieder einmal mit bremischen PolitikerInnen, um ihr Anliegen einer ganzjährigen Arbeitserlaubnis für StudentInnen zu besprechen. Weil die fünf gelernt haben, „daß an Weihnachten normalerweise die Wünsche erfüllt werden“, sagt Oscar: „Wer mich nach meinem Weihnachtswunsch fragt, dem sage ich, ich möchte eine Arbeitserlaubnis.“ Gerade in dieser Saison gäbe es doch Jobs.

Daß Innensenator Borttscheller weihnachtliche Güte zeigen wird, glaubt Oscar zwar nicht so recht – aber vielleicht geschähen ja noch Wunder. „An Weihnachten sind die Deutschen nämlich wirklich freundlicher als sonst“, finden auch die andern vier. „Weihnachten sollte das ganze Jahr über sein. Zu dieser Zeit fühlt man sich in Deutschland endlich einmal wie zu Hause.“

Heimatgefühle wecken bei den ausländischen Fünfen dann nicht nur die lächelnden Gesichter auf der Straße, erzählen sie. Sondern auch die großen Familientreffen, die überall stattfinden – und zwar in einem solchen Maß, daß selbst Afrikaner manche Überraschung erleben. Der Sudanese Adil beispielsweise: Da hatte er einen deutschen Bekannten samt Tochter das ganze Jahr über insgeheim bemitleidet – im Glauben, die beiden hätten keine Verwandtschaft. Doch plötzlich, an Weihnachten, reiste ein ganzer Trupp an. „Das war schön“, lacht Adil – aber einmal im Jahr die Familie zu sehen, sei doch viel zu selten.

Aus internationaler Sicht ist es folglich kein Wunder, daß viele Streits ausgerechnet an Weihnachten stattfinden. Ihr einfaches Gegenmittel gegen derartige Hilflosigkeit würde wohl ungern gehört, glauben sie: „Mit der Familie muß man sich mindestens 15 Mal im Jahr treffen“, schlägt Mamoun vor.

Mamoun kommt aus dem Sudan. Trotz seines muslimischen Glaubens, und obwohl Christen im Sudan nur eine kleine Minderheit stellen, ist ihm Weihnachten nicht fremd: „Einige Stämme bei uns sind überwiegend christlich.“ Außerdem wird im einzigen sudanesischen Fernsehprogramm die Weihnachtsmesse übertragen. „Auf den unterschiedlichen Glauben kommt es doch am wenigsten an. Wichtig ist, daß man zusammen feiert“, sagt auch Adil. Der hat schon als kleines Kind immer den Weihnachtsprozessionen der Christen zugeschaut: „Sie liefen alle in blauer Kleidung durch die Straße“ – er und andere Kinder liefen mit. Wenn sie auch wegen der fremden Stammessprache nicht mitsingen konnten, tanzten sie doch und klatschten. „Und anschließend war meine Familie bei den christlichen Nachbarn zum Essen eingeladen.“

So ähnlich wird es auch in diesem Jahr sein: Adil verbringt den Heiligabend bei einer deutschen Familie. Darüber ist er froh. Auch Oscar und Rabindra sind Weihnachten bei deutschen Familien eingeladen. Alle fünf nicken wieder: „Weihnachten alleine zu verbringen ist entsetzlich.“ ede