Ärzte unter Schmiergeld-Verdacht

■ Für die Bestellung von Beatmungsgeräten sollen Ärzte in Schlaflaboren vom Hersteller jeweils 500 Mark Schmiergeld erhalten haben. Das Geld floß illegal auf ein Sonderkonto für Forschungszwecke

Die Hersteller von Beatmungsgeräten sollen für die Abnahme ihrer Produkte Schmiergelder an die Ärzte in Schlaflaboren gezahlt haben. Nach einem Bericht der Welt zahlten die Hersteller für jede Atemmaske im Wert von 5.000 Mark einen Betrag von 500 Mark auf einen sogenannten Ärztefonds. Den versteckten Zahlungen sei ein Mitarbeiter der Betriebskrankenkasse auf die Spur gekommen. Gegen Herzchirurgen waren im Sommer 1994 wegen Rabatten bei Herzklappen bundesweit ähnliche Vorwürfe erhoben worden.

In den Schlaflabors werden Patienten mit Schlafstörungen untersucht. Der Nutzen der Beatmungsgeräte, die vor allem Schnarchern das Durchschlafen erleichtern sollen, ist allerdings umstritten.

Wie Ärztekammerpräsident Ellis Huber erklärte, hat die Betriebskrankenkasse das Konto vor etwa einem Jahr entdeckt und die Ärztekammer benachrichtigt. Diese hätte daraufhin die betreffenden Ärzte aufgefordert, das Konto aufzulösen. Dies sei seines Wissens auch geschehen. Die Gelder seien für Forschungszwecke ausgegeben worden, so Huber. Solche verdeckten Zuwendungen seien auch bei anderen medizinischen Produkten gang und gäbe, beispielsweise in Form von hochbezahlten „Pseudogutachten“. Es sei aber „extrem selten“, daß sich Ärzte persönlich bereicherten. Von Bestechlichkeit wolle er in diesem Zusammenhang nicht sprechen.

Von den etwa 50 Berliner Schlaflabors seien anfangs fast alle an dem Konto beteiligt gewesen, so Huber. Viele hätten aber ein „schlechtes Gewissen“ bekommen und hätten „aussteigen“ wollen. Zuletzt seien es noch fünf bis zehn Ärzte gewesen. „Die ,Amigos‘ unter den Ärzten machen nur etwa fünf Prozent aus“, sagte Huber.

Die Frage nach der Strafbarkeit der Zahlungen beantwortete Huber mit „jein“. Es handle sich um eine Grauzone. Die Staatsanwaltschaft wird aufgrund der Presseberichte ein Überprüfungsverfahren einleiten.

Den Schaden, der in die Millionen gehen soll, haben die Krankenkassen und damit die Beitragszahler. Denn die kostenträchtige Kundenpflege schlägt sich in überhöhten Preisen nieder. Ohnehin beklagt Huber, „daß es bei medizinischen Produkten keinen Wettbewerb gibt“, was zu überhöhten Preisen führe. Nach Angaben von AOK-Sprecher Friedrich Abraham weichen die Herstellerpreise bei den Atemmasken kaum voneinander ab. Sie liegen zwischen 5.000 und 5.200 Mark.

„Durch die Drittmittelforschung wird das Gesundheitswesen industriellen Verwertungsinteressen unterworfen“, klagt der Ärztekammerchef. Einen Ausweg sieht Huber darin, daß die Krankenkassen künftig selbst Forschungsaufträge vergeben. Die Bündnisgrünen fordern schon seit langem die Offenlegung von Drittmittelkonten an Universitäts- und städtischen Kliniken. Weder die AOK noch die Barmer Ersatzkasse haben bislang Hinweise auf versteckte Zahlungen an Ärzte. Von seiten der Kassen wird nur kontrolliert, ob die Verordnung eines Atemgerätes durch Klinikärzte medizinisch geboten ist. win