Die Hölle ist ein Büro

■ ...aber das ZDF nicht von allen guten Geistern verlassen: Die neue Serie "girl friends" (Pilotfilm: Dienstag, 20.45 Uhr)

Endlich scheinen sie vorüber – die Zeiten, in denen sich das ZDF vorwiegend in den abgehobenen Sphären der heilen Welt zwischen „Schwarzwaldklinik“ und dem „Traumschiff“ herumtrieb, um uns das Abschalten vom harten Arbeitsalltag zu versüßen. Mit der neuen 24teiligen Serie „girl friends“ ist dem Mainzer Sender etwas gelungen, was – vielleicht mehr als jeder „Bellheim“ – das Fernsehen adelt: Eine Geschichte rund um den Büroalltag kleinere Leute und größerer Tiere. Und zudem ein ansehnlicher Entwurf der von uns so lang ersehnten „starken Heldin“, die deswegen weder verbittert noch penetrant überkompetent daherkommen muß.

Auf den ersten Blick ist „girl friends“ nichts anderes als eine typische TV-Seriengeschichte. Zwei ungleiche Frauen – die eine stark, erfolgreich und brünett, die andere verzagt, vom Pech verfolgt und blond – schlagen sich mit ganz ähnlichen Problemen herum, finden aber stets unterschiedliche Lösungen, bis sie am Ende dann doch voneinander profitieren und ihr eigenes, persönliches Glück suchen und finden dürfen.

Bei näherem Hinsehen ist die Geschichte von Christian Pfannenschmidt aber dann doch mit viel mehr Reibungsverlusten angereichert und sind seine Heldinnen darum um etliches interessanter als Uschi Glas in „Eine Frau geht ihren Weg“ oder ähnlichen „So-werde-ich-eine-emanzipierte-ganzheitliche-Persönlichkeit“-Stories. Zwar läßt Pfannenschmidt seine Heldin Marie durchaus von der frustrierten Landpomeranze zur versierten Großstadtmanagerin aufsteigen, aber er wirft ihr trotzdem schon in der Anlage ihrer Persönlichkeit so manchen Knüppel zwischen die Beine: Marie ist nämlich von Natur aus ängstlich und leicht zu verunsichern. Und darf es bleiben. Sie hat keine glückliche Hand in der Auswahl ihrer Männerbekanntschaften. Und muß nicht sofort auf ihren Traumprinzen treffen. Sie bewundert grenzenlos den Erfolg und die Stärke ihrer alten Sandkastenfreundin Ilka. Und darf das auch noch so sehen, als sie selbst schon Erfolg hat. Das ist viel für eine Vorabendserie, in der eindimensionale Figuren und gradlinige Wandlungen bislang am besten funktionierten.

Aber auch der Spielort in einem Hamburger Nobelhotel wurde hier denkbar effektiv genutzt. Da managen nicht mal eben zwei „Münchner in Hamburg“ so mir nichts, dir nichts eine Bank, als wäre das gar nichts. In „girl friends“ wird tatsächlich gearbeitet, gemobbt, gelitten und getippt. Denn Pfannenschmidt hat sich eine sehr kluge Struktur auferlegt, die fast schon ein wenig an das legendäre Kaufhausepos „Bellheim“ erinnert. Erzählt wird von „unten“ und „oben“: hier das Schreibbüro mit den kleinen Typistinnen, dort die Direktionsetage mit den Chefsekretärinnen. Der Lift des Hotels markiert gnadenlos die Stufen der Karriereleiter. Und er ist – wie im wirklichen Leben – kein one-way.

Die Rollen sind allesamt gut besetzt. Besonders Mariele Millowitsch zeigt schauspielerische Talente, die wir in ihr gar nicht vermutet hätten, und Manon Straché verzeihen wir nachträglich ihren abrupten Ausstieg aus der „Lindenstraße“, gibt sie uns hier doch eine sehr liebenswerte Büroseele.

Vielleicht wird in „girl friends“, das sich doch eigentlich mit der Lebenswelt der Sekretärinnen beschäftigt, ein bißchen zuviel herumgeflogen. Heute New York, morgen Stockholm – da meinte das ZDF wohl den „Traumschiff“-Reiseetat noch einmal ausschöpfen zu müssen. Und daß Marie eine Hündin namens „Biene“ mit sich herumschleppt, muß man seit „Cherry“ aus der „Schwarzwaldklinik“ wohl auch hinnehmen. Aber ein bißchen Konventionalität kann man dieser Produktion schon verzeihen, die für das kommende halbe Jahr den ZDF-Dienstag hoffentlich auch quotentechnisch bereichern wird. Klaudia Brunst