■ Okinawas Protest gegen das US-Militär stößt auf Resonanz
: Ein David gegen zwei Weltmächte

Wer in Japan gegen den Konsens eintritt, wird in der Regel zum Außenseiter und manchmal zum Helden. Der 70jährige Masahide Ota hat gute Chancen, durch seinen Protest gegen das Verhalten zweier Weltmächte, nämlich gegen Japan und Amerika, eine Heldenrolle zu übernehmen. Der Gouverneur von Japans südlichster Präfektur, den Inseln von Okinawa, die historisch nicht einmal zum Kaiserreich gehören, steht seit Freitag vor Gericht. Japans Premierminister höchstpersönlich hat ihn angeklagt, den Weisungen seiner Zentralregierung nicht Folge zu leisten. Ota wehrt sich im Namen von 35 rebellierenden Landbesitzern. Alle 35 wollen einer Verlängerung ihrer Pachtverträge für die Militärbasen auf Okinawa nicht zustimmen.

Der Konflikt ist mindestens so alt wie der Zweite Weltkrieg, als amerikanische Truppen in der Schlacht um Okinawa ihren vielleicht entscheidenden militärischen Sieg gegen die japanische Kaiserarmee erkämpften. Dabei starben auf Okinawa 12.500 amerikanische Soldaten und eine halbe Million Japaner. Die allermeisten von ihnen waren Opfer aus der Zivilbevölkerung von Okinawa.

Nicht nur die Amerikaner mordeten wahllos; Zehntausende Zivilisten wurden von der zurückgedrängten japanischen Armee zum Selbstmord für den Tenno gezwungen. So überlebte in Okinawa der Haß sowohl auf amerikanischer als auch auf japanischer Seite. Die Amerikaner aber bauten nach dem Krieg auf Okinawa ihre größte Militärbasis im Pazifik auf. Und bis heute terrorisieren Manöver, Schießübungen und Tiefflüge von 27.000 stationierten US-Soldaten die Inselbevölkerung.

Otas Kampf erschien noch nie so ausweglos wie heute und ist gerade deshalb so populär. Ausweglos deshalb, weil in Tokio die einst starke Opposition gegen den US-japanischen Sicherheitsvertrag zum Erliegen gekommen ist. Die Sozialdemokraten, einst Gegner des Vertrages, stellen heute den Premierminister, der die Bürger von Okinawa zum Gehorsam zwingen will. Populär deshalb, weil der kleingewachsene, stämmige Gouverneur aus Okinawa das sagt, was viele Japaner denken, ohne es offen auszusprechen. Der Fall Okinawa handelt also nicht nur vom Recht auf Selbstbestimmung der seit Jahrzehnten von Großmachtinteressen tyrannisierten Inselbewohner, sondern vom Selbstbestimmungsrecht aller Japaner – weil sich für sie das Neinsagen gegenüber dem großen Bruder Amerika immer noch nicht von selbst versteht. Georg Blume