Gedränge auf digitaler Stadtautobahn

■ Privatfirmen eröffnen lokale Glasfaser-Datennetze

Berlin (taz) – Die Deutsche Telekom AG bekommt ab Jahresanfang 1996 zusätzliche Konkurrenz auf der Datenautobahn. In Frankfurt am Main, Köln, Berlin und anderen bundesdeutschen Großstädten werben die Betreiber neuer lokaler Datennetze um Kunden aus Industrie und Behörden. Die privaten Anbieter sind dabei, Glasfaserkabel in die Erde zu verlegen, um zum Beispiel die interne Kommunikation zwischen räumlich getrennten Filialen großer Unternehmen zu bewältigen. Angesichts der neuen Konkurrenz purzeln schon heute die Preise.

Zwar fällt erst 1998 das Monopol der Telekom für die Datennetze und öffentlichen Telefonverbindungen, doch bereits jetzt dürfen andere Anbieter private Kommunikationsnetze aufbauen. So verbinden Glasfaserstränge mit riesiger Kapazität – maximal passen die Informationen von 16.000 Din-A-4-Seiten pro Sekunde gleichzeitig durch das Kabel – vier Häuser der Bankgesellschaft Berlin. Ihre Chance haben Privatunternehmen jetzt erkannt: Bereits heute wird der Milliardenmarkt aufgeteilt, den man erst ab 1998 vollständig abschöpfen kann.

In Berlin hat ausgerechnet die ansonsten nicht für ihre Schnelligkeit bekannte Landesregierung eine Konkurrenzfront im Kampf um die Multimediazukunft eröffnet. In staatseigenen Kabelschächten der Feuerwehr verlegte das Landesamt für Informations- Technik bislang 250 Kilometer Glasfaserkabel. Mit einem Teil davon soll eine private BerlinNet GmbH 1996 auf den Markt gehen. Als Dienstleister für Siemens und Schering will man Millionen Mark an Gebühren verdienen.

In Frankfurt am Main will ab Anfang nächsten Jahres die Colt Telecom GmbH „Banken, Verlage und Unternehmen“ mit günstigen Preisen ködern, erklärt Sprecherin Angelika Scheiffele. Colt prüft gegenwärtig den Aufbau von Telekommunikations- Dienstleistungen in „fünf bis acht anderen bundesdeutschen Städten“. Das Unternehmen ist im Besitz der amerikanischen Fidelity- Investment-Gruppe – mit 500 Milliarden US–Dollar Kapital eine der größten Anlagegesellschaften weltweit – und betreibt schon in London ein Datennetz.

Auch in Köln steht die Konkurrenz in den Startlöchern. Die privatrechtlich organisierte Netcologne GmbH wurde von den Gas- und Elektrizitätswerken sowie der Stadtsparkasse gegründet und befindet sich damit zu 100 Prozent in mittelbar kommunalem Besitz. Die Gesellschaft peilt an, bis zu 30 Prozent vom Kölner Markt der Telekommunikation zu ergattern, der bis 2004 auf über eine Milliarde Mark geschätzt wird. Die Telekom reagiert. Zuweilen soll sie inzwischen mit ihren Preisen bis auf 30 Prozent ihres ursprünglichen Angebots zurückgehen. Außerdem hat der Post-Ableger mit einer Hauruckaktion drei lokale City- Netze für Großkunden in Berlin, Hamburg und Frankfurt in Betrieb genommen.

Colt in Frankfurt gibt sich kühl: Jeder Fehler im Netz wird von uns innerhalb einer Stunde behoben. Für den schnellen Service, so wollen Experten wissen, sei die Telekom zu langsam. Hannes Koch