■ Cash & Crash
: Das Jahr der Aktie

Berlin (taz) – Wohin bloß mit dem Geld, so man denn welches hat? Aktien kaufen, antworten darauf die meisten Finanzexperten. Die Unternehmensgewinne steigen allerorten, Zinsen sinken, und mit Anleihen ist nichts mehr zu verdienen. 1996 wird mithin das Jahr der Aktie, ganz klar. Fragt sich nur: welcher Aktie?

An der New Yorker Wall Street seien die schönsten Gewinne zu erzielen – meinen die einen. Dieselben Faktoren, die schon 1995 den Dow-Jones-Aktienindex um gut 35 Prozent in die Höhe trieben, bleiben auch im kommenden Jahr bestehen. Weiterhin werden die US-Unternehmen dank erfolgreicher Rationalisierung gute Gewinne machen, und die Zinsen, die gerade vergangene Woche erst gesenkt wurden, werden wohl noch weiter sinken, was die Unternehmen wiederum noch wettbewerbsfähiger macht.

Das mag zwar sein, meinen die anderen. Aber die Luft werde einfach zu dünn auf den schwindelnden Höhen, die der Dow- Jones-Index bereits erreicht hat. Der Markt müsse sich erst konsolidieren – gemeint ist: Die Aktienkurse müssen fallen.

Dann also Europa? Jawohl, sagen die einen, ganz besonders Deutschland. Niedrige Inflation, niedrige Zinsen und auch ein vermutlich steigender US-Dollar dürften die hiesigen Unternehmen als Gewinner dastehen lassen. Auch die Niederlande und die Schweiz böten viele Chancen und geringe Risiken.

Ganz falsch, sagen die anderen und schieben die Schuld auf die geplante Europäische Währungsunion. Allzu restriktive Haushaltspolitik zur Erfüllung der Stabilitätskriterien von Maastricht würde die Wirtschaft zahlreicher europäischer Länder nachgerade abwürgen. Man brauche sich bloß Frankreich anzuschauen. Und was die Schweiz anbelange: Gerade weil der Schweizer Franken als sicherer Hafen immer beliebter und deswegen immer teurer werde, verlören Schweizer Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit.

Bleibt wohl nur Asien, oder? Ein eindeutiges Jein ist die Antwort. In den meisten asiatischen Ländern wie Singapur, Thailand oder Malaysia erwartet niemand mehr ein fulminantes Wirtschaftswachstum. Lediglich in Japan kann es eigentlich nur noch aufwärtsgehen, nachdem der Nikkei-Index seit dem Crash 1990 ausreichend Zeit zur Konsolidierung hatte. Sollte der US- Aktienmarkt einbrechen, dann würden die Anleger schon nach Japan zurückkehren, hoffen manche. Leider kann aber niemand sagen, ob der Dow Jones nicht vielleicht eher doch noch steigt. Nicola Liebert