Pieroth fordert Gebühr für Regenabwasser

■ Finanzsenator setzt Rotstift bei Bädern und Büchereien an. Stellenabbau bei Kitas verstößt gegen Vertrag mit der GEW

Umsonst ist nur der Tod. Die zeitgemäße Variante der Redewendung müßte allerdings lauten: Auch der Tod wird teurer. Nach den Vorschlägen, die Finanzsenator Pieroth (CDU) in der vergangenen Woche in die Koalitionsverhandlungen von CDU und SPD eingebracht hat, sollen unter anderem die Friedhofsgebühren steigen. Sie sollen künftig zu 100 Prozent kostendeckend sein. Bisher waren sie es nur zu 80 Prozent.

Wieviel das die Berliner in Mark und Pfennig kosten wird, läßt sich wie auch bei anderen Sparvorschlägen noch nicht beziffern. Die Beratungen über die einzelnen Posten werden sich voraussichtlich noch bis in den Januar hineinziehen. Um das dramatische Haushaltsloch zu stopfen, sollen aber etliche Dienstleistungen teurer werden. So sollen bei den Bädern bis 1999 jährlich 40 Millionen Mark auf die Besucher abgewälzt werden. Wie an anderer Stelle auch heißt das Zauberwort „Erhöhung des Kostendeckungsgrades“. Dieser sei bei den Bädern derzeit „sehr, sehr gering“, so Pieroths Referent Bernd Krziscik. Auch bei den Volkshochschulen sollen die Subventionen bis 1999 jährlich um dreißig Millionen Mark gekürzt werden. Das ist die Hälfte des gesamten Etats von 1994, der 68,7 Millionen Mark betrug.

Ein handfester Konflikt zeichnet sich wegen des Personalschlüssels in Kindertagesstätten ab. Der Vorschlag der Finanzverwaltung, in den nächsten vier Jahren 3.500 Erzieherinnen-Stellen abzubauen, stößt auf den entschiedenen Widerstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Denn Mitte Oktober hatte die Senatsverwaltung für Jugend mit der GEW noch eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach der Personalschlüssel in städtischen Kindertagesstätten bis 1999 nahezu unverändert bleiben sollte. Diese Vereinbarung hatten – wenn auch widerwillig – die Senatsverwaltungen für Finanzen, Inneres sowie der Regierende Bürgermeister unterzeichnet. Darin waren die Gruppengröße und der Personalschlüssel verbindlich festgelegt worden. „Wenn es zu einem Wortbruch kommt, dann werden wir die Tarifverhandlungen unter ganz anderen Vorzeichen führen“, erklärte gestern der GEW-Vorsitzende Erhard Laube. Ein Vertragsbruch gefährde den Arbeitsfrieden in den Kitas. Außerdem würde damit die amtierende Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) demontiert.

Der Staatssekretär der Jugendverwaltung, Klaus Löhe, sieht dagegen keine Probleme beim Personalabbau. Viele Eltern würden statt der bisher angebotenen Kinderbetreuung von elfeinhalb Stunden auch mit sieben Stunden auskommen. „Mit einem bedarfsgerechten Angebot ist an der einen oder anderen Stelle etwas herauszuholen“, so Löhe. Viele Bezirke würden bereits nach dem bedarfsorientierten Modell arbeiten. Mit dem Abbau von 3.500 Erzieherinnen-Stellen sollen in den nächsten vier Jahren insgesamt 312 Millionen Mark eingespart werden.

Um die Musikschulen, die laut Pieroths Vorschlägen privatisiert oder zusammengelegt werden sollen, will Löhe jedoch „kämpfen“. Die Musikschulen seien ein „erhaltenswertes Angebot“, das auch weiterhin subventioniert werden müsse. Die Beiträge der Schüler seien bereits so stark gestiegen, daß der Besuch von Musikschulen teilweise schon so teuer sei wie Privatstunden.

Nicht nur Nachwuchsmusiker, auch Leseratten könnte es treffen: Mit der Einführung von Bibliotheksentgelten in Form von Ausleihgebühren oder einer Jahreskarte sollen jährlich 5 Millionen Mark in die Landeskasse fließen. In anderen Bundesländern wie etwa Bremen ist dies schon seit längerem gang und gäbe.

Während den meisten Sparvorschlägen noch mit einem veränderten Konsumverhalten begegnet werden kann, soll aber auch ein Ereignis teurer werden, das sich naturgemäß kaum steuern läßt: Die Kosten für die „Straßenregenentwässerung“ sollen Anlieger künftig zu einem Drittel tragen. Das bringt nach Berechnungen der Finanzverwaltung bis 1999 immerhin 167 Millionen Mark in die leeren Kassen. Dorothee Winden